23.01.2024

Briefe



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ID: 17898
Geschrieben am: Montag 28.10.1878
 

Rüdesheim den 28ten October. 1878.
Liebe hochverehrte Frau Doctor,
Wenn ich erst heute ausführlicher, als es in der Depesche geschehen konnte, das große große Bedauern meines Mannes über die Verhinderung der Theilnahme an dem schönen Feste ausdrücke, so hielt mich bisher theils das Bewußtsein Ihrer Abwesenheit theils ein leichtes Unwohlsein davon ab, es früher zu thun. Wenn je mein Mann sich auf etwas gefreut hat, so war’s auf die Aussicht durch seine Theilnahme Ihnen seine dankbare Verehrung u. seine innigsten Wünsche an dem Ehren u. Festtage Ihrer 50jährigen künstlerischen Laufbahn persönlich ausdrücken zu können. Wir können es Beide noch nicht verschmerzen daß diese Freude so grausam zerstört wurde, eine heftig auftretende Erkältung bannte ihn in’s Zimmer u. selbst einen Tag in’s Bett u. erst seit 3 Tagen hat er sich wieder ganz erholt. Unsere Gedanken waren aber den ganzen Sonntag mit Ihnen u. wir suchten uns zu entschädigen durch Auffrischung all der herrlichen ewig unvergeßlichen Momente, in denen Sie uns durch Ihre Kunst erhoben u. beglückt haben u. die zu den werthvollsten Erinnerungen unseres Lebens zählen! Dankerfüllt versetzten wir uns geistig unter die Zuhörer am Morgen glücklich darüber, daß uns die von Ihnen aufgeführten Compositionen zum größten Theil bekannt waren – u. wie gern wäre mein Mann den Abend zu Frau Kissel gegangen in deren Hause in England er schon so oft in früheren Zeiten musicirt hat!
Wenn wir, was ich hoffe diesen Winter ab u. zu nach Frankfurt kommen, so werden wir Frau Kissel noch persönlich unsern Dank für Ihre große Liebenswürdigkeit ausdrücken. Darf ich Sie bitten verehrte Frau Doctor ihr das einstweilen mitzutheilen? –
Wenn ich mir nochmals die Freiheit nehme morgen eine kleine Sendung Aepfel an Sie abzuschicken, so entschuldigt mich wohl mein herzliches Interesse für Ihren lieben Patienten der ja diese Frucht besonders liebt. Möchte sein Zustand ihm erlauben sie mit Genuß zu verzehren!
In der Hoffnung, daß nach den entsetzlichen trüben Regentagen die Sonne einmal wieder so freundlich scheinen möge daß sie Sie in’s Rheingau zu locken vermag, grüße ich Sie liebe hochverehrte Frau u. Ihre Fräulein Töchter auch im Namen meines Mannes herzlichst u. verbleibe Ihre
treu ergebene
Laura von Beckerath.

  Absender: Beckerath, Laura von (168)
  Absendeort: Rüdesheim
  Empfänger: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
  Empfangsort:
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 12
Briefwechsel Clara Schumanns mit Landgräfin Anna von Hessen, Marie von Oriola und anderen Angehörigen deutscher Adelshäuser / Editionsleitung: Thomas Synofzik, Michael Heinemann / Herausgeber: Annegret Rosenmüller / Köln: Verlag Dohr / Erschienen: 2015
ISBN: 978-3-86846-023-0
241f.

  Standort/Quelle:*) D-B, s: Mus. Nachl. K. Schumann 3,330
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 

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