Düsseldorf den 21t Dec. 1872.
Meine innig geliebte Clara!
Erst gestern Abend kam Ihr liebes Briefchen v. Dresden, so daß ich nun gleich [heut] morgen eile Ihnen den gewünschten schwarzen Cachemir zu senden! – Für Ihre beiden Briefe tausend u aber tausend Dank u wärmste Wünsche für ein gesundes Fest u ferneres glückliches Schaffen in Ihrer herrlichen Kunst! – Oft dachte ich daran wie still u kühl gewiß das Dresdener Publikum Ihnen vorkommen würde gegen das Wiener! Es war im vorigen Jahre gerade so – aber sicher ist, daß trotz dem viel liebe u schön empfindende Seelen auch in Dresden Ihnen mit Dank zuhören! Nur ist der Norddeutsche eben schwerfällig in seinen Äußerungen! – Den Atlaskragen für Frl. Jungé hebe ich also auf; wegen einer Gabe für Sie von der guten Frl. Leser kann ich wohl nicht gut etwas thun – laßen Sie ihr die Freude in den Weihnachtstagen etwas zu geben – es wird glaube ich ein Buch sein! – Gestern sprach ich nur Frl. Jungé auf der Straße; es war grade kein Regen, den wir hier Tage lang in Strömen hatten, u so eilte Alle Welt durch die Straßen Besorgungen machen; sie sagte mir schnell, daß ein Brief Ihrer Marie a. Wien sie sehr erfreut hätte u sie ihr zum Fest wieder schrieben! – Ja gewiß kommen nun schwere Tage für Sie Alle durch die Trauer u das Getrenntsein! Aber ob Weihnachten, ob Andres war, der Kummer um die zu früh dahin gegangene vielgeliebte Julie begleitet Sie doch meine theure Clara u so können wir nur hoffen, daß Gott Sie dadurch, wie bisher durch Alles was er Ihnen schickte, immer mehr zu Allem Guten u Schönen in der Kunst wie im Leben weiter u weiter stärkt! – Das reizende Brodkörbchen macht mir die größte Freude u ich danke von ganzem Herzen für Ihr Gedenken an uns! Sie wissen, wie ich Ihnen immer sage, daß Sie uns Alle durch Güte u liebevollste Aufmerksamkeit beschämen, aber freilich auch sehr sehr wohlthun! – Grüßen Sie mir Eugenie u Ferdinand so recht herzlich u sein Sie mit den Kindern so heiter als möglich! – Die treuen Freunde Puttlitz, Joachim’s u Viele werden sich doch sehr sehr mit Ihnen freuen u ich hoffe es fehlt in Berlin Ihnen nicht an treuer Liebe wie überall! – Sollten Sie für unsre Geschwister Bendemann später Mal Zeit finden, so will ich nur sagen, daß Sie sie gegen Abend immer zu Haus finden; eine höchst seltene Ausnahme führt nur meine Schwägerin in später Stunde aus. Sie essen meist zwischen 3–4 U. Verzeihung für mein unruhig Schreiben, aber Ernst kam an, Handwerker, Post, u Unendlich Vieles nehmen mich in Anspruch! – Lesen Sie Alle treuste Liebe von meinem Mann u mir mit zwischen den Zeilen! – Immer Ihre treuste
dankbarste Lida B.
An Marie schreibe ich zum neuen Jahre u will sie bitten herzukommen sobald sie Lust u Neigung dazu hat! – Vielleicht ist sie gern auch etwas länger hier mit Leser’s u Schönerst u wie willkommen das liebe treffliche Wesen uns zu jeder Stunde ist, wissen Sie ja geliebte Clara!
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