23.01.2024

Briefe



Rückwärts
	
ID: 17986
Geschrieben am: Donnerstag 03.12.1885 bis: 04.12.1885
 

Df. 3. XII. Abds
Liebste Freundin!
Auf Ihren lieben, liebevollen, herzlichen Brief erwidere ich mit dem besten Danke. Es weiß keiner wie Sie in so wenigen Worten soviel Herz einfließen zu lassen u seien Sie überzeugt, dß wir nicht weniger als Sie, Bedauern empfinden, über die Trennung von Ihnen! Aber es ist einmal so u wird wohl so gut sein. „Was immer ist ist gut“ das ist jawohl ein Chor aus irgend einem Haendel’schen Werk?
Ich eile Ihnen zu schreiben, um Ihnen Antwort auf die an Lida unmittelbar [vor d. Abreise] gerichtete Anfrage wegen der Gelder für Ferdinand. Da ich von dergl. Dingen wenig, fast nichts, verstehe, so kann ich Ihnen nur mittheilen, was ich, wir, in ähnlichem Falle gethan haben. Nämlich, wir haben unserem Ernst bei seinem Unternehmen auf dem Lande, zur Einrichtung einer Rechtung u. s. w. eine größere Summe auf sein Erbtheil ausgezahlt. Mein verstorbener Bruder verwaltete mein Vermögen u hat ihm die nöthigen Summen ratenweise zukommen lassen. Nach Ernst’s Tode, wo die ganze Sache aufgelöst wurde, hat mein Bruder die genaue Abrechnung aufgesetzt, welche ich alsdann in mein Testament eingeschrieben habe, so dß aus demselben vollständig zu ersehen ist, was unsern Erben zukommt, was ihr Antheil ist u was dem Antheil von Ernst’s Sohn noch zukommt von dem Erbtheil seines Vaters. Ähnlich würden also auch Sie zu verfahren haben. Ich bin aber der Meinung, daß Sie einen Rechtskundigen oder in solchen Dingen genau bekannten Manne] zu Rathe zögen, welcher die ganze Abmachung so abfaßte, daß später, namentlich nach Ihrem hoffentlich noch sehr fernen, Dahinscheiden, keinerlei Unklarheiten einschleichen u dann so leicht entstehende Zerwürfniße unter den Erben [nicht] entstehen könnten.
Sollten Sie [es] wünschenswerth finden, so bin ich gern bereit mit Otto Euler, der vollkommen verschwiegen ist, die Sache zu besprechen u Ihnen seine Meinung mitzutheilen. Hierüber erwarte ich also Ihre Wünsche. –
Joachim hat uns durch seine Anwesenheit sehr erfreut. Er ist ein so liebensvoller u liebenswürdiger Gast. Es kann Einen nicht traurig genug stimmen, dß sein Glück so zerstört ist! – Dienstag Nachmittag holte ich ihn von der Bahn u brachte ihn sofort zum Geigenmacher in unserer Straße, weil er seinen Bogen neu beziehen lassen mußte. Abds hat er ihn bis spät in die Nacht noch abgespielt. Am andern Vormittag Probe des Beethoven’schen Konzerts in der Tonhalle; Zuhörer: Frlein Leser, H Frings u ich – also der große Saal nicht überfüllt.
Um 5 Uhr spielte er bei uns mit Josephsohn [hätten Sie anstatt seiner gespielt, trotz des alten Klaviers.] eine Sonate von Brahms, u das Conzert von Mendelssohn vor einem kleinen Kreis von genau Bekannten. Später Generalprobe, wohin Frl Leser auch noch ging. Jetzt ist er im Konzert u spielt wohl eben Beethoven. Lida ist auch dort. In der Pause wollen Beide nach Hause kommen, zu mir, der Schenke. – Aber auch sonst haben wir ihn recht genossen u viele intressante Dinge besprochen; in meinem Atelier ist er oft gewesen, schade dß Sie nicht dabei waren. Vielleicht haben Ihnen die Ohren geklungen!
4t/
Gestern Abd haben wir mit Joachim nach dem Konzert bei einer Flasche Rheinwein u heute morgen sehr gemüthlich geplaudert und oft Ihrer gedacht und vergangener schöner Zeiten. Ich bin wohl genug, um es wagen zu dürfen, ihn zur Eisenbahn zu bringen, was ich leider bei Ihnen nicht konnte.
Wie bedaure ich, dß Sie so viele Sorgen haben. Möchten Sie einige Erleichterungen finden u erfinden!
Und somit leben Sie wohl, grüßen Sie Marie u Eugenie bestens.
Ihr
E Bendemann.

  Absender: Bendemann, Eduard (174)
  Absendeort: Düsseldorf
  Empfänger: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
  Empfangsort:
  SBE: II.6, S. 327-330

  Standort/Quelle:*) D-B, s: Mus. Nachl. K. Schumann 4,135
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



Wir verwenden Cookies, um Ihnen den bestmöglichen Service zu gewährleisten (Mehr Informationen).
Wenn Sie auf unserer Seite weitersurfen, stimmen Sie bitte der Cookie-Nutzung zu. Ich stimme zu.