HEIL-ANSTALT
FALKENSTEIN
im Taunus.
Falkenstein, den 19/2 1879.
Hochverehrte Frau!
Trotzdem mir ja die Ihrem dahingeschiedenen Sohne drohende Gefahr mehr als irgend Jemandem bekannt war, überraschte mich doch die gestrige Trauerbotschaft, für deren freundliche Uebermittelung ich Ihnen herzlich danke ungemein. Herr Dr. Lorent hatte mir einen ziemlich günstigen Bericht erstattet, so daß die Aussichten für |2| ein leidliches Ueberstehen des Winters wuchsen.
Doch es hat nicht können sein, der Krankheitsprozeß hatte die Konstitution zu sehr unterwühlt und der geringste Anfall genügte wohl, um die Wagschale des jungen Lebens sinken zu lassen. Ich hätte, verehrte Frau nicht an so manchem schweren Todesbette gestanden haben müssen, wenn ich die Mischung Ihrer Gefühle bei und nach einem so bitteren Kampfe nicht begreifen sollte. Es |3| ist da unmöglich, ein rechtes Trosteswort zu finden – stille Ergebung in das Unabänderliche, so hart es sich auch an einem lieben Kind vollzog ist das Einzige neben der Alles heilenden Zeit. Felix konnte ein längeres und ihn und Sie befriedigendes Leben ja nicht mehr haben <, und > & wir müssen ihm seine Erlösung gönnen.
Eine Herzensfreude für mich ist daß ich in Frieden mit ihm die kurze Zeit unserer Bekanntschaft verlebt – und daß ich, so traurig auch der |4| Anlaß die Ehre hatte Ihnen einen Augenblick näher zu treten.
Gestatten Sie mir Ihnen u. den Ihrigen die Gefühle herzlichster Theilnahme auszusprechen und halten Sie sich versichert der steten vollkommnen Ergebenheit
Ihres
Dr Dettweiler.
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