23.01.2024

Briefe



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ID: 18252
Geschrieben am: Dienstag 03.10.1865
 

Monrepos, d. 3. Oct. 1865
Meine liebe Frau Schumann!
Heute komme ich zu Ihnen, mit der Bitte um einen freundlichen Rath, da ich selbst schwer einen Entschluß fassen kann. Seit dem Monat März hoffe ich auf den Flügel der Frau von Callergi-Muchanow. Die Person die ihn verkaufen sollte, war aber immer abwesend, u das Haus verschlossen. Nun bin ich aber nicht überzeugt, ob er von dem langen Stehen nicht gelitten hat. Nun war Professor Sohn ein paar Wochen hier u sprach mir viel von den Klemmsschen Flügeln. Da ich aber nur 400 rh dran wenden kann, so würde ich natürlich nur einen Stutzflügel bekommen; u der von der Muchanow ist ein Bösendorfer Salonflügel. Die Hauptsache für mich ist, dß er sich wie eine Feder spielt, weil ich bei der geringsten Anstrengung unleidliche Nervenschmerzen bekomme. Sie kennen gewiß das Instrument der Muchanow sowie auch die von Klemms, u deßwegen bitte ich Sie um Ihren Rath, da ich nicht wenig glücklich wäre, wenn ich endlich zur [Erfüllung von] meinem sehnlichsten Wunsch gelangte.
Werden Sie uns denn nie besuchen, liebe Frau Schumann? Wir würden uns so unbeschreiblich freuen. Reisen Sie nicht bald an uns vorbei, nach Düsseldorf?
Wir denken, am 21ten Oct. nach Wiesbaden zu gehen, auf 14 Tage, um dort mit der Großf. Helene zu sein, die 4 Wochen lang Pagenstecher braucht, für ihre Augen. Ich freue mich kindisch darauf. Fräulein von Rahden u Staal sind bei ihr, u seit Ragatz auch Fräulein Hilleprandt, die ihre Stimme ganz wieder haben soll, was mich sehr für das arme Ding freut. Daß Rubinstein verheirathet ist, finde ich eigentlich schade; die Musica wird gewiß unter den Gatten- u Vatersorgen leiden. Freilich nöthig ist das nicht, obgleich es doch recht oft vorkommt.
Wir erwarten Morgen meinen Bruder, der am 20ten mit einem Hauptmann Mischke u einem jungen Architecten aus Karlsruhe (Kachel) eine Reise nach Italien, Aegypten u Palästina antreten soll. Sind das nicht herrliche Aussichten für einen jungen Menschen? Ich muß schließen, meine liebe Frau Schumann; ich hoffe Sie haben meinen Brief bekommen, den ich Ihnen im Februar oder März geschrieben habe. Verzeihen Sie, daß ich Sie mit meinen Fragen quäle; ich kann mich aber sonst an Niemand wenden.
Von ganzem Herzen
Ihre
Elisabeth Wied

  Absender: Elisabeth (Pseudonym: Carmen Sylva), Prinzessin zu Wied (418)
  Absendeort: Monrepos
  Empfänger: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
  Empfangsort:
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 12
Briefwechsel Clara Schumanns mit Landgräfin Anna von Hessen, Marie von Oriola und anderen Angehörigen deutscher Adelshäuser / Editionsleitung: Thomas Synofzik, Michael Heinemann / Herausgeber: Annegret Rosenmüller / Köln: Verlag Dohr / Erschienen: 2015
ISBN: 978-3-86846-023-0
338ff.

  Standort/Quelle:*) D-B, s: Mus. Nachl. K. Schumann 2,152
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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