23.01.2024

Briefe



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ID: 18263
Geschrieben am: Samstag 17.10.1874
 

Utrecht 17. Oktober 1874.
Hochverehrte Frau!
Seit Sie in Engelberg an der Thüre des Hôtels Titlis von uns Abschied nahmen, haben wir – meine Frau und ich – Ihrer oft gedacht, in Dank für die Freundlichkeit die wir an jenen Tagen von Ihnen genossen und ganz besonders auch in innigster Theilnahme für Ihr Befinden, mit den wärmsten Wünschen für Ihre baldige Genesung. Leider fließen hier in Holland die Nachrichten aus Deutschland nur spärlich und trübe zu und wir wissen |2| somit nicht, ob unsere Wünsche sich erfüllt haben, Ihr Leiden gebessert oder gehoben ist. Heute kommt nun noch ein neuer Grund hinzu, uns diese Ungewißheit schmerzlich empfinden zu lassen. Der Winter ist vor der Thüre und mit ihm die Concerte. In der Generalversammlung der holländischen Concertdirektionen, aus der ich soeben komme, herrschte der lebhafteste Wunsch Sie, hochverehrte Frau, zu einem Besuche in Holland einzuladen. Doch zweifelte man auf Grund der über Ihr Befinden laufenden Gerüchte, ob es Ihnen in so naher Zeit möglich sein würde, zu kommen. Inzwischen bin ich beauftragt, Ihnen wenigstens unseren Wunsch, sei es auch nur als einen Ausdruck der Verehrung, auszusprechen. |3| Die Concertdirektionen von Arnheim und Utrecht hatten speciell gehofft, Sie für ihre ersten Concerte gewinnen zu können, die am 21. November (Arnheim) und am 23 November (Utrecht) stattfinden sollen. Und auch hiervon bin ich beauftragt Sie in Kenntniß zu setzen, mit der Bitte uns mitzutheilen, ob wir hoffen dürfen, was wir kaum zu hoffen wagen! Und sollten wir auch auf die Erfüllung dieser Hoffnung verzichten müssen, so wird es uns doch schon mit hoher Freude erfüllen wenn wir nur hören, daß Ihr Befinden wenigstens Fortschritte zum Besseren gemacht hat. Hat der Engelberger Aufenthalt nicht nachträglich doch noch einige günstige Wirkungen gehabt? Von Herrn Brahms, der am Züricher See unser Nachbar war, hörten wir, daß Sie die |4| Reise nach Como aufgegeben hatten. Dieß war aber doch wohl nicht aus Gesundheitsrücksichten?
Wir haben noch einige schöne Wochen bei Horgen verbracht, dann noch einige Zeit in Leipzig bei meinen Eltern, und sind nun schon seit mehreren Wochen wieder im eigenen Haus. Emma, die Ihnen selbst wohl bald schreiben wird, ist frischer als je und sucht über der Hausfrau die Künstlerin nicht zu vergessen.
Das interessante Buch von Meinardus, das Sie so freundlich waren uns mitzugeben, sandte ich Ihnen von Leipzig aus nach Berlin. Läge uns in ähnlicher Weise doch auch das Leben unserer großen Künstler vor! Doch die haben wohl weder Zeit noch Neigung gehabt, so anhaltend über sich zu reflektiren und Buch zu führen. Und jedenfalls war es auch besser so! Sie leisteten, was nur sie leisten können!
Mit vielen Grüßen an Sie und die Ihrigen schließe ich für heute, in unveränderlicher Verehrung als Ihr
ganz ergebener
Th. W. Engelmann.
Ich darf Sie wohl bitten, mir wegen der Concertangelegenheit baldigst ein Wort zu senden? Falls Sie verhindert wären würden wir Frl. Janotha auffordern; statt der Meisterin die Schülerin. Aber doch Ihre Schülerin!


  Absender: Engelmann, Theodor Wilhelm (423)
  Absendeort: Utrecht
  Empfänger: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
  Empfangsort: Berlin
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 13
Robert und Clara Schumann im Briefwechsel mit den Familien Verhulst, Kufferath/Speyer und Engelmann sowie anderen Korrespondenten in Belgien und den Niederlanden / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Eva Katharina Klein, Anselm Eber und Thomas Synofzik / Dohr / Erschienen: 2024
ISBN: 978-3-86846-024-7
537ff.

  Standort/Quelle:*) D-B, s: Mus. Nachl. K. Schumann 3,161
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 

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