23.01.2024

Briefe



Rückwärts
	
ID: 18273
Geschrieben am: Sonntag 09.12.1883
 

Utrecht, d. 9/12 83.
Liebe, verehrte Frau!
Heute vor acht Tagen nahmen wir von Ihnen Abschied; aber unsere Gedanken weilen bei Ihnen, und wir leben in glücklicher u. dankbarer Erinnerung alles Schönen, was Ihr lieber Besuch in Utrecht uns gebracht hat. Ich muß Ihnen noch einmal herzlich danken, daß Sie zu uns gekommen sind u. uns dadurch so glücklich gemacht haben. Was für mich Ihr Hiersein war, wie mich Ihr Spiel wieder tief |2| ergriffen hat, kann ich Ihnen nicht mit Worten sagen. Ich denke dabei immer nur: „wenn doch jeder Künstler solche Anschauungen hätte wie Sie, liebe Frau Schumann, u. die Kunst so heilig hielt.“ Wie viel idealer würde es dann um jede Kunstleistung bestellt sein, und wie viel schöner würde man dann Clavierspielen hören. Jetzt sind Sie die Einzige, die mich beglückt, und ich wünschte nur, daß wir das Vorrecht hätten, in Ihrer Nähe zu leben. Manches, was Sie mir vorgespielt haben, will ich nun auch studiren; |3| so die herrliche Romanze von Schumann und die beiden Scarlatti’s (g moll u. g‑dur.) Letzteres fand ich zu meiner Freude auch in meiner Ausgabe von Czerny. Welchen tiefen Eindruck Ihr Spiel auf Alle im Concert gemacht hat, haben wir in dieser Zeit beobachten können; das mag Ihnen denn auch eine Genugthuung sein für alle Unbequemlichkeit u. Entbehrungen, die ein Aufenthalt in Holland für Sie mit sich bringt. Hoffentlich hat Ihr Rheumatismus sich durch den Aufenthalt in diesem feuchten Lande |4| nicht verschlimmert. – Wann werden wir Sie nun einmal wiedersehen! Kämen Sie doch auch in der Weihnachtszeit nach Leipzig! Wir wollen am 20sten reisen, wenn bis dahin Scharlach u. Diphtheritis dort nachgelassen haben; sonst werden wir’s nicht riskiren, mit den Kindern hinzureisen. –
Wie glücklich wäre ich, könnte ich diesen Winter noch einige Wochen bei Ihnen sein, und daß ich Ihnen nicht lästig wäre u. Sie sich meines armen Clavierspiels annehmen wollen, dafür bin ich Ihnen so von Herzen dankbar. Sie schreiben oder lassen mir vielleicht einmal schreiben, ob u. wann Sie nach England gehen, u. wann es Ihnen event. passen würde, wenn ich käme.
Ihnen noch innigen Dank u. den l. Ihrigen herzl. Grüße auch von meinem Mann u. Ihrer Emma E.

  Absender: Engelmann, Emma, geb. Brandes, Emma (422)
  Absendeort: Utrecht
  Empfänger: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
  Empfangsort: Frankfurt am Main
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 13
Robert und Clara Schumann im Briefwechsel mit den Familien Verhulst, Kufferath/Speyer und Engelmann sowie anderen Korrespondenten in Belgien und den Niederlanden / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Eva Katharina Klein, Anselm Eber und Thomas Synofzik / Dohr / Erschienen: 2024
ISBN: 978-3-86846-024-7
630ff.

  Standort/Quelle:*) D-B, s: Mus. Nachl. K. Schumann 4,265
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



Wir verwenden Cookies, um Ihnen den bestmöglichen Service zu gewährleisten (Mehr Informationen).
Wenn Sie auf unserer Seite weitersurfen, stimmen Sie bitte der Cookie-Nutzung zu. Ich stimme zu.