23.01.2024

Briefe



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ID: 18274
Geschrieben am: Mittwoch 05.03.1884
 

Utrecht, d. 5/3 84.
Hochverehrte, liebe Frau Schumann!
Ihre liebe Karte vom 9ten Febr. wollte ich längst beantworten und Ihnen herzlichen Dank dafür sagen. Verzeihen Sie mir, daß ich es erst heute thue. Wir lebten in den letzten Wochen schrecklich unruhig, u. immer wenn ich Ihnen schreiben wollte, wurde |2| ich wieder gestört. Sie wissen, wie gern ich zu Ihnen nach Frankfurt käme, und wie sehr ich mir es wünschte, eine Zeitlang in Ihrer Nähe zu sein, um von Ihnen in jeder Beziehung zu lernen. Ich bin Ihnen so dankbar, daß Sie mir in Ihrem lieben Schreiben anbieten u. vorschlagen, im Mai oder Juni zu kommen. Ich wünsche u. hoffe, daß es sich einrichten läßt; es wäre |3| sehr hart für mich, wenn es nicht ginge. Allein, von einem Mann und fünf Kindern trennt man sich nicht leicht, und ohne genügenden Ersatz könnte ich es auch nicht. Augenblicklich ist meine Schwester noch hier; diese wird aber kaum noch bis Ostern bleiben, und dann, fürchte ich, finde ich keinen Stellvertreter bei den Kindern. Indessen kann sich vielleicht Vieles besser fügen, |4| als ich jetzt denke, und bis dahin lasse ich Sie jedenfalls wissen, wie es hier steht. Für Ihre Güte bleibe ich Ihnen dankbar, liebe Frau Schumann; es ist so einzig freundlich von Ihnen, daß Sie sich wieder meiner annehmen wollen wie vor 15 Jahren! Welche herrliche Zeit war das für mich! Vorige Woche haben wir Brahms in Amsterdam gesehen u. seine dritte Symphonie gehört. Er kam |5| nach dem Concert auch noch einen Tag zu uns. Leider war die Aufführung in A. sehr mangelhaft, so daß Brahms keine Freude daran haben konnte. Die Symphonie hat aber trotzdem tiefen Eindruck gemacht; das ist wieder eine herrliche Schöpfung! Solch Gefühl von „Wonne“ wie beim Anhören der d-dur habe ich allerdings bei dieser Symphonie nicht gehabt; aber sie ist auch ganz verschieden von der |6| zweiten und wieder etwas ganz Neues. Ich freue mich darauf, sie einmal gut zu hören, und deshalb möchten wir schon gern das Düsseldorfer Musikfest mitmachen. –
Nun, liebe Frau Schumann, senden wir Ihnen die herzlichsten Grüße. Wie dankbar sind wir Ihnen noch, daß Sie diesen Winter zu uns gekommen. Nach Ihrem Concert haben wir noch keinen wahren Genuß gehabt. |7| D’Albert ist ja entsetzlich! Frl. Marie war in Ihrem Urtheil viel zu milde. Er hat das es-dur Concert auf eine empörende Weise verarbeitet. Ich war ganz außer mir! Nun kommt Bülow – nächste Woche – da ist die Stimmung doch gleich unter dem Gefrierpunkt! – Wenn Sie bei Mr. Burnand logiren, so grüßen Sie ihn, bitte, freundlichst von mir. Ich habe ja so viel Güte |8| in seinem Hause erfahren. Mein Mann sendet Ihnen d. herzlichsten Gruß, und ich bleibe in aufrichtiger Verehrung
Ihre
Emma Engelmann

  Absender: Engelmann, Emma, geb. Brandes, Emma (422)
  Absendeort: Utrecht
  Empfänger: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
  Empfangsort: London
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 13
Robert und Clara Schumann im Briefwechsel mit den Familien Verhulst, Kufferath/Speyer und Engelmann sowie anderen Korrespondenten in Belgien und den Niederlanden / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Eva Katharina Klein, Anselm Eber und Thomas Synofzik / Dohr / Erschienen: 2024
ISBN: 978-3-86846-024-7
633-636

  Standort/Quelle:*) D-B, s: Mus. Nachl. K. Schumann 4,277
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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