Utrecht 20 Juli 92
Liebe verehrte Frau Schumann!
Keine größere Freude hätte mir heute werden können, als Ihr lieber Brief. Einmal weil er die glückliche Bestätigung Ihrer Genesung zu alter Kraft und Frische, und dann weil er die frohe Aussicht eines baldigen Wiedersehens enthält. Wie schön trifft sich das! Für den 29. Juli, also Freitag der nächsten Woche, habe ich mich nach Interlaken verabredet, um dort mit einem |2| Jugendfreunde, den ich seit 20 Jahren nicht mehr gesehen, zusammenzutreffen. Wir werden, da mein Freund am ersten Aug. wieder zu Haus sein muß, nur einen Tag für einander haben u. diesen uns wohl ausschließlich schenken müssen. Nachher hoffe ich aber die Freude des Zusammenseins mit Ihnen wenigstens für einen oder zwei Tage genießen zu dürfen. Leider – ein leider ist ja überall dabei, hier sogar zwei – leider muß ich am 1. oder doch bald nach dem ersten in La Comballaz bei Aigle sein, wo m. Mutter mich bereits sehnlich erwartet u. auch m. Schwester u. vier meiner Kinder bereits sind. Leider auch kann Emma die Freude Sie zu sehen nicht mit mir theilen, da sie am |3| 28. d. M. zu ihren Eltern geht. Läuft Alles wie wir wünschen, so kommt sie gegen Ende August nach der Schweiz nach (etwa 24–25 Aug.) u. hat vielleicht dann noch das Glück Ihnen zu begegnen. Ich selbst bin bis zum 27.t Juli hier festgehalten u. muß auf der Reise nach Interlaken noch zweimal Station machen. Wohnen werde ich im Deutschen Hof, der ja nicht fern von Ihrer Pension Ober liegt. Vielleicht finde ich dort ein Zeichen, ob Sie am 31. zu Haus u. wann ich kommen darf?
Wie Vieles drängt sich mir auf zur Mittheilung, das ich nun gern aufschiebe! Mit herzlichstem Gruße auch von Emma, die sehr traurig ist nicht mitreisen zu |4| können, Ihr treu ergebener
ThW Engelmann
Mein Kopf, nach dem Sie fragen, ist wohl so gut wie Ihre Hand, der Sie trotzdem volle 8 Seiten für mich nicht hätten zumuthen sollen! Das war gar zu freundlich!
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