Utrecht 22. 1. 93
Liebe Frau Schumann!
Eben habe ich inliegenden Brief an Herrn Borwick geschrieben den ich Sie freundlichst bitte, an seine mir unbekannte Adresse gelangen lassen zu wollen. Man bietet ihm ein Engagement für unser Studentenconcert (2. oder 9. März) an. Ich kann ihm nur dazu rathen es anzunehmen. Es würde eine sehr gute Gelegenheit zur Einführung in Holland sein und gewiss würde ihm die Aufnahme gefallen. Prof. Joachim weiss davon zu erzählen.
Wir sind vor einigen Tagen wohlbehalten hier eingetroffen. Leider konnte ich in Leipzig garnichts leisten, wegen meiner Influenza die nun glücklich weg. Desto mehr |2| hat Emma genossen und – gespendet, die ausgesucht frisch war. Es war viel musikalisches Leben dort, durch Joachim, Herzogenberg, Reuss, Griegs, Röntgens, – und bei Frau v. Holstein, Wachs und auch in unserem Hause ist Ihrer dabei oft gedacht worden.
Im März hoffen wir Herzogenberg eine Woche bei uns zu beherbergen. Leider können wir ihm kaum etwas von seinen Sachen in Aussicht stellen, wenigstens nichts Grösseres öffentlich. Es „zieht“ ja nicht, und deshalb scheuen sich die Concertdirectionen etwas von ihm zu bringen. Sein neues Streichquintett, das wir in Leipzig hörten, fand trotzdem grossen und verdienten Beifall. Mir klingen jetzt aber noch die Ohren im Gemüthe von der F-dur Phantasie Op. 17, die Emma heute Mittag einem Kreis musikalischer |3| Freunde bei uns vortrug. Ich glaube Sie würden sich gefreut haben – sie war von dem herrlichen Werk so ganz und gar hingerissen und erfüllt!
Hoffentlich geht es Ihnen im neuen Jahr weiter gut und weichen auch die lästigen Gehörerscheinungen allmählich bis zum Verschwinden.
Mit den herzlichsten Grüssen an die Ihrigen von uns beiden
Ihr freundlichst ergebener
ThW Engelmann.
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