23.01.2024

Briefe



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ID: 18292
Geschrieben am: Montag 09.12.1895
 

Utrecht 9 Dec. 95
Hochverehrte liebe Frau Schumann!
Ihre freundlichen Wünsche zur Verlobung von Franz freuten uns so sehr wie die begleitenden Nachrichten über Ihr eigenes und Ihrer l. Tochter Ergehen uns betrübten. Wie mögen Sie nach dem Ende dieser leidigen Störungen verlangen! Hat denn Frl. Marie nicht einmal eine tüchtige Dosis Salicylsaures Natrium probiert um diese Ischias-Schmerzen weg zu bekommen? Es hilft doch mitunter sehr rasch und dauernd, neulich noch einem Collegen von mir, und ebenso mir selbst |2| in einem ähnlichen Falle! Wie weggeblasen waren die Schmerzen. Freilich nach einer tüchtigen Gabe (4–5 Granen) und tüchtigem transpiriren danach im Bett.
Die Verlobung unseres Aeltesten ist durchaus nach unserem Wunsche. Er ist ein Mensch der behagliche einfache Häuslichkeit zum Bedürfniss hat und die Braut hat, wie wir glauben alle Eigenschaften einer tüchtigen Hausfrau. Sie ist die Nichte meiner Frau, Schwester der jungen Frau Duncklenberg in Elberfeld, für die sie seit mehreren Jahren schon den ganzen grossen Haushalt leitet. Bei aller Tüchtigkeit und Erfahrung ein sehr bescheidenes, herzensgutes und kluges Mädchen. Ich glaube nicht dass Franz eine |3| für ihn passendere Wahl treffen konnte. Unser anderes Paar ist sehr fleissig in Vorbereitungen für die wohl im Sommer in Aussicht stehende Gründung des eigenen Haushalts. Der junge Advocat hat sehr viel zu thun mit seiner Praxis. Wir haben ihn alle sehr ins Herz geschlossen wegen seines vortrefflichen Charakters und Gemüths. Wenn das Geschick nun übrigens freundlich sein will, so wäre ja Alles ganz herrlich!
Emma ist augenblicklich dabei die Fremdenzimmer für den Besuch von Herzogenberg u. Frl. Hauptmann herzurichten. Sie hörten vielleicht davon dass Jul. Röntgen in Amsterdam eine Messe von Herzogenberg aufführt? Er wird während der Zeit bei uns wohnen und nur zu Probe und Concert hinüberfahren. So haben |4| wir ihn denn ordentlich und freuen uns sehr darauf, denn er ist doch einer der besten Kameraden, im Haus so behaglich und in der Unterhaltung so unerschöpflich und fesselnd wie wenige. Frl. Hauptmann bei deren Erscheinung man freilich nicht an Frau Lisl denken darf, ist uns auch sehr sympathisch. Für mich ist dieser Besuch noch besonders vaterländisch anmuthend, da er ein Stück altes Leipzig lebendig macht, was ich in meiner Vaterstadt jetzt auch immer mehr mit der Laterne suchen muss! – Viel Freude hatten wir neulich durch Frau von Beckeraths mehrtägigen Besuch. Da haben Ihnen wohl oft die Ohren geklungen? Sie musste viel von Ihnen erzählen und thats so gern! Nun zum Schluss Ihnen beiden baldige völlige Genesung von Herzen wünschend und herzlichst von E. grüssend bleibe ich treulichst der Ihrige
ThW Engelmann

  Absender: Engelmann, Theodor Wilhelm (423)
  Absendeort: Utrecht
  Empfänger: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
  Empfangsort: Frankfurt am Main
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 13
Robert und Clara Schumann im Briefwechsel mit den Familien Verhulst, Kufferath/Speyer und Engelmann sowie anderen Korrespondenten in Belgien und den Niederlanden / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Eva Katharina Klein, Anselm Eber und Thomas Synofzik / Dohr / Erschienen: 2024
ISBN: 978-3-86846-024-7
790f.

  Standort/Quelle:*) D-B, s: Mus. Nachl. K. Schumann 6,305
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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