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ID:
18318

Geschrieben am:
Donnerstag 28.10.1880

Nbg 28/10. 80.

Hochgeehrte Frau Schumann!

Sie werden es freundlich aufnehmen, daß ich Ihnen eine Erinnerung an meinen Anselm schicke. Die kleine Schrift ist ausschließlich ein Nürnberger Kunst und Industrieprodukt und als liebevolles Zeichen des Andenkens mir sehr werth. Ihnen übergebe ich sie als ein Zeichen tiefer Verehrung und Anhänglichkeit, die ich bis zum Tode in meinem |2| Herzen bewahren werde.

Mein Leben ist durch den Verlust den ich erlitten, vernichtet. Ich habe noch Pflichten, an die halte ich mich und suche damit von Tag zu Tage aus zu kommen wie es geht. Außer Anselms Nachruhm und Andenken hat nichts mehr Werth für mich als das Wohl und Wehe welches Diejenigen betrifft, die mir noch nahe stehen.

Es ist ein eigener Zustand so im Leben zu stehen ohne Hoffnung und ohne alle Furcht, ohne Begehren und ohne Befriedigung, über alle Schranken hinaus frei, und ganz |3| entsetzlich arm. Es wird dies nicht mehr anders, denn mit 70 Jahren schafft man sich keinen neuen Lebensinhalt an.

Ich ziehe mit dem 2 Nov in meine Jugendheimath, das stille kleine, öde, langweilige Ansbach, 50 Minuten Eisenbahn <> von hier, der Wohlfeilheit und der Nähe des Grabes wegen und um in Stille und Ruhe den schriftlichen Nachlaß meines Sohnes ordnen zu können.

In wahrhafter Verehrung und Ergebenheit

Ihre

Henriette Feuerbach

Absender:
Feuerbach, Henriette (448)

Absendeort:
Nürnberg

Empfänger:

Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)

Empfangsort:
Frankfurt am Main

Schumann-Briefedition:
Serie: II / Band: 26
Robert und Clara Schumann im Briefwechsel mit Korrespondenten in Süddeutschland / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Ekaterina Smyka, Thomas Synofzik, Eva Katharina Klein und Michael Beiche / Verlag Christoph Dohr Köln / Erschienen: 2024
ISBN: 978-3-86846-051-3
Seite: 304f.

Standort/Quelle:^*)
D-B, s: Mus. Nachl. K. Schumann 4,78

*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla


ID:	18318
Geschrieben am:	Donnerstag 28.10.1880	Nbg 28/10. 80. Hochgeehrte Frau Schumann! Sie werden es freundlich aufnehmen, daß ich Ihnen eine Erinnerung an meinen Anselm schicke. Die kleine Schrift ist ausschließlich ein Nürnberger Kunst und Industrieprodukt und als liebevolles Zeichen des Andenkens mir sehr werth. Ihnen übergebe ich sie als ein Zeichen tiefer Verehrung und Anhänglichkeit, die ich bis zum Tode in meinem \|2\| Herzen bewahren werde. Mein Leben ist durch den Verlust den ich erlitten, vernichtet. Ich habe noch Pflichten, an die halte ich mich und suche damit von Tag zu Tage aus zu kommen wie es geht. Außer Anselms Nachruhm und Andenken hat nichts mehr Werth für mich als das Wohl und Wehe welches Diejenigen betrifft, die mir noch nahe stehen. Es ist ein eigener Zustand so im Leben zu stehen ohne Hoffnung und ohne alle Furcht, ohne Begehren und ohne Befriedigung, über alle Schranken hinaus frei, und ganz \|3\| entsetzlich arm. Es wird dies nicht mehr anders, denn mit 70 Jahren schafft man sich keinen neuen Lebensinhalt an. Ich ziehe mit dem 2 Nov in meine Jugendheimath, das stille kleine, öde, langweilige Ansbach, 50 Minuten Eisenbahn <> von hier, der Wohlfeilheit und der Nähe des Grabes wegen und um in Stille und Ruhe den schriftlichen Nachlaß meines Sohnes ordnen zu können. In wahrhafter Verehrung und Ergebenheit Ihre Henriette Feuerbach
Absender:	Feuerbach, Henriette (448)
Absendeort:	Nürnberg
Empfänger:	Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
Empfangsort:	Frankfurt am Main
Schumann-Briefedition:	Serie: II / Band: 26 Robert und Clara Schumann im Briefwechsel mit Korrespondenten in Süddeutschland / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Ekaterina Smyka, Thomas Synofzik, Eva Katharina Klein und Michael Beiche / Verlag Christoph Dohr Köln / Erschienen: 2024 ISBN: 978-3-86846-051-3 Seite: 304f.

Standort/Quelle:^*)	D-B, s: Mus. Nachl. K. Schumann 4,78
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla