Crostewitz 11. Sept. 89.
Liebe innigverehrte Frau Schumann!
Gestatten Sie mir, daß ich mich zu einem so schönen Feste, wie Ihrem siebenzigsten Geburtstag, ganz bescheiden mit einem verehrungsvollen Gruß in Ihr Gedächtniß zurückrufe. Möchten Ihnen die wenigen Blumen zeigen, mit welch’ warmer Verehrung wir Ihrer gedenken und wie wir die schönen mit |2| Ihnen verlebten Tage und Stunden treu im Gedächtniß bewahrt haben. Laßen Sie mich hoffen, daß Sie unsern innigsten Glückwunsch freundlich aufnehmen und unser dabei ein wenig in Güte gedenken. Vielleicht will uns das Schicksal so wohl, daß es uns nun endlich einmal ein Wiedersehen mit Ihnen gönnt – ich kann es noch nicht verschmerzen, daß wir in so trauriger Weise um den gemein-|3|samen Aufenthalt in Florenz gekommen sind und sich dieses Frühjahr unserer italienischen Reise so viele Hinderniße entgegenthürmten.
Mir kommt es vor, als hätte ich Sie Alle eine Ewigkeit nicht gesehen, denn das kurze Zusammensein vorigen Herbst in München ist wahrlich kaum zu zählen.
Ich gebe die stille Hoffnung nicht auf, daß Ihre künstlerische Thätigkeit Sie bald einmal nach München <> führte; jetzt |4| könnte ich Ihnen auch ein besseres Quartier bieten wie damals, wo Sie so freundlich waren bei uns fürlieb zu nehmen; wir haben nun im Parterre 2 sehr schöne große Fremdenstuben u. können uns nach Herzenslust ausbreiten. Lockt Sie es gar nicht uns diese große Freude zu bereiten? – –
Möchte der Himmel seinen vollen Segen über Sie ausschütten und Ihnen alles Gute und Schöne übermorgen zu Füßen legen. – Mit den innigsten Grüßen, auch für Ihre Kinder von uns Beiden bleibe ich
Ihre tiefergebene Mary F.
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