Frankf. a/m. 12 Sept. 90.
Meine liebe, verehrte Frau Schumann!
Zu Ihrem Geburtstage senden wir Ihnen aus treu dankbaren Herzen die innigsten Wünsche für Ihr Wohlergehen! Möchte sich Ihre Gesundheit recht gefestigt haben u Ihnen volle Kraft u Freudigkeit für Ihr Wirken, dadurch gegönnt sein, so daß Sie einem zufriedenen Winter entgegen sehen u alles Hohe u Edle was Sie durch Ihre Lehre u Ihr Beispiel den Jüngern der Kunst zu Theil werden laßen, auch Ihnen |2| hochverehrte Frau zu freudiger Genugthuung werden! Hoffentlich genießen Sie die schönen, milden Herbsttage noch recht, u kehren uns erholt u ausgeruht wieder. Meine Kinder sind seit unserer Rückkehr von Aachen, Ende Juli, wieder ganz heimisch in Ihrem schönen Garten u sind tägliche Besucher desselben – wie dankbar bin ich Ihnen für diese Vergünstigung liebe, verehrte Frau Schumann! Tucky ist der gute Freund u treue Begleiter, u Toni interressirt die Kinder für jeden Baum, für |3| jede Blume, so daß ihnen der Garten wahrhaft zur Freude u zum Genuß wird, u die Trauer war groß als neulich der Sturm einen schönen Kastanienbaum zerstörte. Die Kinder wollten Ihnen selbst ihre Glückwünsche schreiben, aber Sie werden morgen so viel Gratulanten zu empfangen haben liebe Frau Schumann, daß ich Ihnen keine Ermüdung bereiten möchte mit Lesen ihrer Briefchen. Dankbaren Herzens bitten sie den lieben Gott um Gesundheit u freundlich frohe Tage die Ihnen das neue Lebensjahr |4| bescheeren möge! In diesem Gedanken u Wunsche senden wir Ihnen unsere wärmsten Grüße! Gott erhalte Sie der Kunst, der Welt die Sie verehrt, den vielen Menschen die Sie lieben dürfen, noch viele ungetrübte Jahre.
In inniger Verehrung
Ihre dankbar ergebene
Anna Hermann.
Viele herzliche Grüße an Fräulein Marie u Eugenie.
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