23.01.2024

Briefe



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ID: 18669
Geschrieben am: Donnerstag 01.11.1888
 

Dresden den 1. Nov. 1888.
Blochmannstraße 5. part.
Hochverehrte Frau Doktorin;
Wenn nach einem so herrlich schönen, ruhmreichen Festtage, wie Sie ihn jüngst gefeiert haben, auch eine alte, frühere Schülerin es wagt, Ihnen in dankbarer Verehrung ehrerbietigen Gruß und Glückwunsch zu senden, so hoffe und bitte ich zugleich, Beides in altgewohnter Güte freundlich an¬nehmen zu wollen. Das Herz mit seinen Jugenderinnerungen an gute, edle Menschen bleibt doch immer |2| jung trotz der fliehenden Jahre und der erlahmenden Kraft. Das empfinden die gute Marie von Lindemann und ich so oft, wenn wir von dem plaudern, was Sie uns, und ganz besonders mir in der Jugend gewesen, und deshalb ist es ja auch so natürlich, daß wir doppelte Freude an Allem haben, was Ihnen Gott Liebes und Gutes sendet. Daß Sie in seltener Geistes- und Körperfrische im Kreise lieber Kinder auf eine so reich gesegnete Künstlerlaufbahn zurückblicken kön¬nen, hat Ihnen den Festmorgen, an welchem man Ihnen so viele Zeichen treuer Liebe und Verehrung entgegen gebracht hat, gewiß zu einem tief beweglichen gemacht. Der treue Gott |3| mögen Ihnen solchen Segen noch lange, lange in Gnaden erhalten.
Wenn ich mir erlaube, Ihnen diese Zeilen von Dresden aus zu senden, so hat das seinen Grund darin, daß sich mein guter Mann seit Dec. v. Jahres nach 40 jähriger Amtsthätigkeit in den Ruhestand begeben hat, und könnten wir uns der Stille des zunehmenden Alters wohl recht erfreuen, wenn ich nicht den ganzen Sommer hindurch schwer erkrankt gewesen wäre und sogar einige Wochen in der Diaconissenanstalt hätte zubringen müssen. Unsere Kinder sind alle drei glücklich, leider auswärts, verheira¬thet, unser ältester Sohn macht uns aber mit seinen Halsleiden viel Sorge, |4| zumal er sich als Gymnasiallehrer wenig schonen kann.
Doch verzeihn Sie, hochverehrte Frau Doctorin wenn ich mich ver¬gesse und so viel von uns rede. Nehmen Sie vielmehr die erneute Versi¬cherung, daß das Herz einer alten Schülerin nicht aufhören wird, Ihrer in innigster Dankbarkeit und Verehrung zu gedenken und fernerhin den innigsten Antheil an Ihrem weiteren Leben nehmen wird.
In treuer, dankbarer Ergebenheit
Ihre
Emilie Heydenreich.

  Absender: Steffens, Emilie, verh. Heydenreich, Emilie (3000)
  Absendeort: Dresden
  Empfänger: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
  Empfangsort:
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 22
Robert und Clara Schumann im Briefwechsel mit Korrespondenten in Dresden / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Carlos Lozano Fernandez und Renate Brunner / Dohr / Erschienen: 2021
ISBN: 978-3-86846-032-2
940 f.

  Standort/Quelle:*) D-B, s: Mus. Nachl. K. Schumann 5,172
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 

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