23.01.2024

Briefe



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ID: 18677
Geschrieben am: Sonntag 13.10.1889
 

Florenz. 13 Octob. 89.
Liebe verehrte Freundin,
es herrscht große Freude bei uns. Gestern kam meine Frau mit einem Knaben nieder. Beide sind wohl u. kräftig. So hat denn der Herbst doch was Gutes gebracht, trotz der Berliner Mißerfolge. Es ist doch gut wenn man auf 2 Nummern setzt.
Für Ihre lieben Zeilen Tausend herzlichen Dank. |3| ich bin besonders stolz darauf, denn Sie hatten wohl viel zu schreiben an die vielen Freunde u. Verehrer.
Ich habe bei meinem Berliner Aufenthalt doch recht deutlich gesehn, daß dort die feineren Menschen nichts vermögen und daß die Macht barbarisch u. wie eine kalte Mauer allen vornehmeren Kräften entgegen steht. Es ist da nichts zu wollen. Wenn man bedenkt, daß es möglich ist, daß der alte Kaiser Wilhelm als Wachsfigur im Panoptikum hinunter |4| auf die Friedrichstraße schaut, u. daß das weder Regierung noch Publicum aneckelt, oder daß im Bazar Kaiser Friedrich im Gespräch mit Menzel in Wachs hinter einer Scheibe sitzt u. das im besten Centrum von der Hauptstadt, – so darf man sich über die Hartschlägigkeit der Berliner Herren nicht wundern. Wenn man nicht wie Wagner seine Kunst dieser Hartschlägigkeit anbequemt u. sie soweit vergröbert, dann kommt man gegen diese gußeisernen Mächte nicht an. Jeder sehe wo er bleibe – wie ers treibe –
Herzlichste Grüße an Sie u. die Ihrigen
Ihr warm ergebener
A Hildebrand.

  Absender: Hildebrand, Adolf (2432)
  Absendeort: Florenz
  Empfänger: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
  Empfangsort: Frankfurt am Main
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 8
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit der Familie List und anderen Münchner Korrespondenten / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Ekaterina Smyka / Dohr / Erschienen: 2022
ISBN: 978-3-86846-019-3
1046f.

  Standort/Quelle:*) D-B, s: Mus. Nachl. K. Schumann 5,268
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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