Meine liebste Madame Schumann!
Halten Sie mich nicht für theilnahmlos daß ich noch keine Zeile des Mitgefühls an Sie richtete! –
Ihren heißen Schmerz durch das Hinscheiden Ihres theuren Gemahles erfuhr ich erst im Oktober u gleich darauf daß Sie schon abgereist waren nach Kopenhagen. Dorthin durfte ich Ihnen doch nicht schreiben u wollte dies bey Ihrer Rückkehr nach Düsseldorf thun – nun aber lag ich seit 4 Wochen meistens am Schleimfieber |2| ud das Schreiben war mir unmöglich bis jetzt. Da ich noch nicht ausgehen darf, Sie also nicht aufsuchen kann um Ihnen meine Theilnahme mein Mitgefühl auszusprechen so erlauben Sie mir diese Zeilen als wehmüthige Begrüßung hier. Wer könnte Ihren tiefen Schmerz besser verstehen und nachfühlen als ich theuerste Frau Doctorin. Ich habe schon recht treu für Sie gebetet daß Gottes Gnade, die allein uns Wittwen aufrecht erhalten kann Ihnen recht nah sein möge und Sein Trost[,] Seine Hülfe Ihnen alles erleichtere! |3| Ach Sie Arme wie namenlos schwer mag es sein mit so gebrochenem Herzen öffentlich spielen zu müssen; mein tiefstes innigstes Mitgefühl begleitet Sie. Unser treuer Herr und Heiland sey u bleibe mit Ihnen u beschütze Alle Ihre lieben Kinder; die Vereinigung mit Ihren lieben Töchtern hier, wird Ihnen ein süßer Trost sein. – Wenn Sie länger hier bleiben habe ich vielleicht die Freude Sie zu sehen, sonst kann ich Sie nur in Gedanken mit treuer Theilnahme begleiten.
Mit wärmster innigster Theilnahme liebste Madame Schumann
Ihre
treu ergebene
Clotilde Reuss.
D. 30t Dec 1856.
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