Leipzig den 11. August 1839.
Liebe u. verehrte Fräulein Clara,
Bald also im lieben Vaterlande, wo Ihrer sehnsüchtig geharrt wird, wie freue auch ich mich, Sie bald wieder zu sehen. Eben wollte ich am folgenden Tage Ihnen noch einmal nach Paris schreiben, als mir Schumann sagte, „denken Sie schon nächsten Montag reist Clara von Paris ab,“; Sie können denken, mit welchem heitern Lächeln er mir das sagte. Ihr Wiedersehen wird ein selten glücklicher Moment, und Sie haben Sich ihn beide verdient, nicht wahr? Damit also Alles genau bestimmt ist, und für den Fall, daß ja ein Brief nicht an Sie gelangte, schreibe ich Ihnen nach Francfurt dasselbe, was Schumanns gestern dahin abgegangener Brief schon enthält.
Sie treffen, wenn Sie Montag d. 12. von Paris abgereist sind, Mittwoch Abends oder Nachts in Francfurt ein, ruhen Donnerstag aus, lassen Sich für Donnerstag Abends auf der Schnellpost bis Naumburg einschreiben. In Naumburg kommen Sie Sonnabend früh 8–9 Uhr an (d. i. den 17ten). Hier nehmen Sie, wenn es keine günstigere Fahrgelegenheit giebt, einen Lohnwagen (Bedingen Sie ja fest mit dem Kutscher, daß er für Alles, Futter, Chausséegeld pp stehen muß, sonst werden Sie schrecklich übertheuert.) nach Altenburg, wo Sie Abends bei guter Zeit eintreffen können. Sie wohnen in Altenburg im Gasthofe: Stadt-Gotha Sollte wider Erwarten da kein Zimmer frei seyn, im Hirsch., wo Sie einen |2| Brief von Robert unter der Adresse Fräul. Wieck aus Weimar vorfinden. Robert kehrt in einem Gasthofe (ich glaube: die Schæcke) in der Leipziger Vorstadt ein, und ist dort schon Nachmittags um 3 Uhr, um Sie zu erwarten.
Uebrigens soll Alles so geheim geschehen, daß kein Mensch hier oder irgendwo etwas erfährt. Auch Schumanns Reise nach Altenburg, sowie überhaupt Ihre Ankunft. Ihr Vater ist seit gestern erst von Dresden zurück, und hat geglaubt, Schumann sei nach Paris. Außerdem ist Alles ruhig. Emilie Kietz habe ich einige Mal in Gerhards Garten, wo sie Struve’sches Mineralwasser trinkt, gesprochen, und nichts Erhebliches von ihr erfahren. Sie sprach sich freundschaftlich gesinnt für Sie aus. Alwin ist Ihr treuester Anhänger im Hause.
Der Himmel schütze Ihre Reise. Verwahren Sie Sich für die kühlen Nächte, trinken Sie Wasser mit Wein vermischt, nicht Bier, nicht Milch, und nicht bloßes Wasser auf der Reise. Gut ist auch ein Kaffeelöffel Brausepulver in Wasser mit Wein gegen die Erhitzung durch anhaltendes Fahren.
Mit <>ganzer Ergebenheit begrüßt Sie
Ihr
Dr. M. E. Reuter.
|3| Dies ist der letzte Brief, den Sie vor Ihrer Ankunft in Sachsen erhalten. Sollten Sie daher etwa einen andern Plan entworfen, und an Schumann geschrieben haben, so läßt er Sie – damit Sie nicht in Ungewißheit kommen – hierdurch wissen:
Daß er fest bei den in unsern beiden Briefen von gestern und heute angegebenen Bestimmungen bleibt.
Sollten Sie in Francfurt erst Freitags abreisen können, so ändert das nichts, Sie finden dann Robert Sonntags in Altenburg, wo er von Sonnabend 3 Uhr auf Sie wartet.
Genehmigt und gut befunden
von Bräutigams wegen.
Ich bitte Dich, liebe Klara,
komm gesund und glücklich an
zu
Deinem
R.