23.01.2024

Briefe



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ID: 19332
Geschrieben am: Mittwoch 17.12.1851
 

Leipzig, d. 17 Decbr. 1851.
Liebe Frau Doctorin,
Möge das „Endlich“, welches Sie beim Erblicken dieser Zeilen aussprechen werden, in einem Tone seyn, der für mich nicht ganz ungünstig ist. Von den elenden Leiden, die ich in diesen Jahre ausgestanden habe, ist mir auch die meiner schönsten Lebensfreuden – manchmal von Ihnen und Schumann eine Mittheilung zu bekommen – geraubt worden. Ich habe nicht gelebt, nur vegetiert, und immer das Ende erwartet. Es soll aber langsamer heranrücken. Mein Krankseyn war in der That so, daß ich nur das alleraüßerst Nothwendige zu thun im Stande war; kehrte ich von meiner kleinen Praxis in meine Wohnung zurück u. setzte (was 100 Mal geschehen) an, um einen Brief zu schreiben, so war ich sehr bald in die Sophaecke gebannt, wo ich kraftlos und unter vielerlei Beschwerden stundenlang oft halbe Tage saß oder lag.
Im Frühjahr hatte ich mir vorgenommen, zum 8 Juni in Düsseldorf zu seyn, später wieder zum 13 September; aber da war nicht daran zu denken, ich war selbst zu krank, um in ein Bad reisen zu können. Nun aber will ich Ihnen nicht die Unannehmlichkeit bereiten, Ihnen von Krankseyn vorzuklagen, nur so viel im Allgemeinen noch, |2| meine übrigens \noch/ rüstige Lebenskraft ist durch fortschreitendes Brustleiden so gelähmt, daß ich ganz gebrochen seyn müßte, wenn ich nicht mit der äußersten Willenskraft dagegen anstrebte. Deshalb gehe ich stets aus, bei jedem Wetter, und erhalte durch 1 Glas bair. Bier vor Tische und 1 Glas Abends, und bisweilen 1 Glas guten Wein die Kräfte.
In der ganzen langen Zeit meines trotz dem unverantwortlichlichen Schweigens habe ich immer und immer Sie und Robert in treustem Andenken gehabt, und begierig Alles gelesen und erfragt und gehört, was öffentlich und privatim über Sie zu mir gelangt ist, und es hat mich glücklich gemacht, so viel Erfreuliches von Ihnen erfahren zu haben. So zuletzt Ihre glückliche Entbindung, Sie sind doch, wie immer, danach gesund geblieben? Was machen die herrlichen Kinder alle? Marie, Elise, bin ich deren noch in der Erinnerung? Ich hoffe; Ihrem angeborenen Gemüths-Adel zu folgen strafen Sie mich nicht anders, als mit der Beschämung, mir bald ein Paar Worte von Ihrer Hand zukommen zu lassen. Ich verspreche, nun jedes Mal, und läge ich auf dem Tode, schnell zu antworten. Deshalb können Sie mich immer auch wieder einmal mit dem oder jenem Auftrage beehren. Könnte ich doch nur ein Mal eine Stunde unter Ihnen seyn! Die lieben Züge, die mir eben vom großen Gyps–Medaillon |3| über meinem Schreibtisch entgegenblicken, machen diesen Wunsch noch lebendiger. Nun, sollte ich den Winter noch leidlich überstehen, könnte mich doch vielleicht der Frühling so viel bessern, daß ich eine Reise machen könnte, und dann wäre die nach Düsseldorf die erste. Doch was sind Hoffnungen, was sind Entwürfe. Von Ihrem hiesigen Bekannten schreibe ich nichts, weil Sie vermutlich selbst mehr von ihnen wissen, als ich. Therese Fleischer hat mir gesagt, dass sie kürzl. Selbst an Robert geschrieben. Adele`s Bräutigam ist ein sehr hübscher Mann (ich bin mit ihm bekannt,) und hat Aussicht auf eine gute Beamten-Carrière. Mad. Carl hat mich so giftig bitter u. böse beleidigt, dass ich schon lange auf allen Zeiten mit ihr auseinander bin, und nur mit den Kindern, wo ich sie treffe, verkehre. Diese konnten selbst nicht anders als mir beistimmen. – Die Frege schreibt Ihnen gewiß aus Italien; sie befindet sich nicht wohl dort wegen der wenig schlechten Wetters. Der Graf jetzt Fürst Reuss erkundigt sich oft nach Ihnen und Robert. Damit auf Ihrem Weihnachtstisch die Stolle nicht fehle[?], schicke ich Ihnen ein Paar. Damit Sie sie aber so frischbacken als möglich bekommen, werden sie erst etwa Montag abgehen. Damit Sie nicht wieder dort welche machen lassen, die doch nicht gut seyn können, muß ich das Ungeschäft begehen[?], diese so | 4| kleine Bescherung vorher zu melden[?]. Seien Sie noch auf das freundlichste und herzlichste gegrüßt, und erhalten Sie ein gutes Andenken

Ihrem wahrhaft ergebenen
M. Emil Reuter
2. Fileseite –Brief von Louis Viardot, Paris, 22. Mai 1852 auf Französisch, komplett, 1 Seite.

  Absender: Reuter, Moritz Emil (1261)
  Absendeort: Leipzig
  Empfänger: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
  Empfangsort:

  Standort/Quelle:*) D-B, s: Mus. Nachl. K. Schumann 1,98
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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