23.01.2024

Briefe



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ID: 19508
Geschrieben am: Montag 12.09.1864
 

Weggis. 12. Sept. 1864.

Liebe Frau Schumann,
Ich habe kein Briefpapier mehr als das auf welchem ich Frau Schlumberger schreibe u darum steht Guerbwiller oben an. Der Fehler des Druckers gefiel mir nämlich sehr wohl weil doch Guebwiller von Gerberweiler kommt, u Guerbwiller hat am meisten Verwandtschaft mit dem deutschen Worte. Und wirklich giebt es noch |3| sehr viele Gerber in dem Winzerort u ich bat Frau Schlumberger als Halbdeutsche das Wort Guerbwiller beizubehalten[.] Ob sie es wohl thun wird? Doch wozu diese lange Abhandlung um Ihnen zu sagen dass es hier kein Briefpapier giebt, oder vielmehr daß es so regnet daß man keinen Hund hinausjagen möchte. Sie sollen nur sehn, liebe Freundin, dass wir an Sie denken u Ihnen gerne mündlich zum Geburtstage gratulirten. Gerade Morgen reisen wir, u werden im Hotel Baur auf Ihr Wohl trinken. Bruder Emil ist |2| noch dort u er wird abgeholt. Auch Kirchner wollen wir Adieu sagen, obschon ich gestehe daß Ihre letzte Aeusserung über ihn mich sehr deprimirt hat. Für einen charakterlosen Menschen hab’ ich ihn stets gehalten aber ich hätte nicht geglaubt daß er lumpig handeln könnte wie er es gegen Sie bewiesen hat. Er thut mir sehr sehr leid. Auch will ich am Festtage nicht weiter davon erwähnen, vielmehr Ihnen sagen daß mein Clärchen Sie sehr lieb hat u Ihnen von Herzen gut ist. Freut Sie das? Darf man es so ohne Umstände sagen? Sie ist |4| ein liebes Weibchen u bringt Ruhe u Harmonie in mein Leben. Ich werde diesen Winter, wenn mich das Clima nicht zu sehr angreift, mehr u besser arbeiten als je. Ich fühl es, u wären wir Morgen alle in einem Concertsaal ich hätte schon ’was hübsches einstudirt Ihnen zu Ehren. In wenig Tagen sind wir im Elsass u gedenken am 20 od. 25 direct nach Hamburg zu reisen. Wir sehn uns wohl erst im Norden wieder, hoffen aber beide von Ihnen recht bald zu hören. Meine Schwägerin grüsst u gratulirt, meine Frau schreibt u ich bitte Sie mein Sänger-Hoch freundlich aufzunehmen
Ihr. J. St.

Viele Grüsse an Ihre lieben Kinder!

  Absender: Stockhausen, Julius (1547)
  Absendeort: Weggis
  Empfänger: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
  Empfangsort:
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 7
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit Jenny Lind-Goldschmidt, Wilhelmine Schröder-Devrient, Julius Stockhausen, Pauline Viardot-Garcia und anderen Sängern und Sängerinnen / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Jelena Josic, Thomas Synofzik, Anselm Eber und Carlos Lozano Fernandez / Dohr / Erschienen: 2023
ISBN: 978-3-86846-018-6
637ff.

  Standort/Quelle:*) D-B, s: Mus. Nachl. K. Schumann 2,118
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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