Cöln. 27 März 1861.
Bei H. Wendelstadt
Liebe Frau Schumann!
Ich fürchte ich habe eine Unvorsichtigkeit begangen. Gestern Abend sagte ich Herrn Schmitz aus Brüssel ich würde recht gerne in Ihrem Concert mitwirken; Heute finde ich aber Henkels Brief aus Frankfurt der mir anzeigt daß mein Concert auf den 2 April arangirt wird. Ich muß also mein Wort zurücknehmen, denn ändern läßt es sich nicht mehr weil die Drucker vor Orten noch das Nöthige zu besorgen haben und alles eingeleitet ist. Skrupeln aber mache ich mir keine denn ich lese heute in der Independence |2| wie es Ihnen ergangen und wie leicht es Ihnen ist in Brüssel ein zweites Concert zu geben. Wie haben wir, uns Alle gefreut über den Erfolg! Wüllners in Aachen, Wendelstadts hier, Herr Deichmann der heute zu Tische hier war, Hiller auch der zum Besuch beim Dessert eingetroffen war! – Freitag singe ich zum dritten Mal in dieser Woche Christus. Die Aufführung ist in Darmstadt. Wie schwer diese Partie, die man leidenschaftlich gerne singt ohne Leidenschaft vorzutragen! Gleich nach Ostern, zwei Concerte in Frankfurt, am 9 Abonnement Bremen,am 10 Oldenburg,am 12 Concert Bremen, am 14 bei Hofe in Hannover! Am 16 in Hamburg Abonnement |3| Concert, dann ein eigenes wo ich mir das Vergnügen machen will Brahms’s Serenade zu hören. (die zweite) Dann erst kommt Leipzig u Breslau zum Schluss. Zum Glück bin ich recht wohl u munter, u Sie auch wie ich höre so wie auch Frl. Marie von der ich auch gehört habe sie gefalle allen Leuten so gut. Sie ist auch gewiß
eine recht liebe Gesellschafterin für Sie. Weint sie noch wenn sie sich mit der Nadel sticht? O weh! – Nur Scherz! – Adieu, ich muß in die Prüfung. Hillers Schüler spielen die verschiedenen Concertos u.s.w.! Recht angenehm! Von den Passionen mündlich mehr. Schade daß Sie Gestern nicht in Aachen waren!
Mit herzlichem Gruss
Ihr ergebener
Stockhausen
In great hast
Morgen reise ich nach Darmstadt. Frau Wendelstadt grüsst neun Mal neun u neunzig Mal! –
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