23.01.2024

Briefe



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ID: 19536
Geschrieben am: Montag 11.05.1863
 

Hannover. 11 May. 1863.

Liebe Frau Schumann,
Ich hätte Ihnen schon längst auf den lieben, langen Brief geantwortet, wollte aber um Ihnen 'was recht liebes & freudiges zu schreiben; es ist mir dies aber unmöglich, weil ich noch immer in der Ungewissheit lebe. Heute reise ich nach Berlin um mir Gewißheit zu holen. Morgen am 12 May soll sie dort eintreffen & ich heute Abend. Dort |2| sagt sie in einem kurzen Briefchen, bei den Eltern mag sich unser Schicksal entscheiden! Also kaum sind Sie von Berlin gezogen, ziehe ich hin auf Freiers Füßen & will mir ein liebes Reh holen! Es ist eine ganze Geschichte & da Sie so eine liebe Freundin sind so will ich auch den Namen der jungen Dame aufschreiben. Sie heißt Ellen Frans [Einschub]: Tochter von Director Frans; war aus Enthusiasmus für die |3|dramatische Kunst 2 Jahre bei der Bühne & wird's hoffentlich aufgeben. Wissen Sie etwas von der Familie! Hoffentlich nur Erfreuliches. Acht tage werde ich in Berlin zubringen bis zum 20ten. Bitte schreiben Sie mir & sagen Sie mir wen ich von ihnen grüßen darf & soll! Ich freue mich sehr Rudorff zu sehen & mit ihm zu musiciren; er ist ein so lieber, talentvoller Mensch. Johannes sah ich noch die Tage in Hamburg. Er scheint deprimirt, ist kurz mit Avé |4| man könnte glauben er sei pikirt daß das Comité nicht an ihn gedacht hat nun die Concerte zu dirigiren. Die Sache geht mir nah & könnte mir alle Freude verderben! Hat doch früher Brahms selbst mir gesagt, er wäre recht der Mann sich mit den Leuten herumzubalgen. Das Orchester umzuwandeln; es könne aber der Rechte mit den Musikern was leisten. Und jetzt scheint er verletzt zu seyn! - Wie schön, wie viel, & wie einträglich könnte man zusammen musiciren, große Concerte & Kammermusik Matineen geben mit od. ohne Gesang, & seine Compositionen wirklich schön aufführen; denn bisher hat das Orchester nur mittelmässig seine Serenaden gespielt; ich war Zeuge davon!!! Was denken Sie davon? Liebe Fr. Schumann? Hat Brahms auf einmal das Directionstalent bekommen? Früher hatte er es nicht u die Musiker erlaubten sich Bemerkungen, u.s.w. u.s.w. Ein andermal Ausführlicheres. Kommen Sie nach Düsseldorf? den 21 bin ich dort. von Herzen
Ihr J. St.

Grüsse von Joachim u A. S. in Mengen
An Ihre Kinder viel Schönes u Freundliches, wenn ich bitten darf. Haben Sie Nachrichten von Frl. Julie?

  Absender: Stockhausen, Julius (1547)
  Absendeort: Hannover
  Empfänger: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
  Empfangsort:
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 7
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit Jenny Lind-Goldschmidt, Wilhelmine Schröder-Devrient, Julius Stockhausen, Pauline Viardot-Garcia und anderen Sängern und Sängerinnen / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Jelena Josic, Thomas Synofzik, Anselm Eber und Carlos Lozano Fernandez / Dohr / Erschienen: 2023
ISBN: 978-3-86846-018-6
588ff.

  Standort/Quelle:*) D-B, s: Mus. Nachl. K. Schumann 2,74
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 

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