23.01.2024

Briefe



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ID: 19540
Geschrieben am: Dienstag 20.10.1863
 

23 October.

Ich hatte Ihnen vorgestern schon geschrieben, liebe Frau Schumann, aber Avé sagte mir er habe eben, oder vor kurzer Zeit einen Brief abgehn lassen & so komme ich heute früh mit einem funkelnagelneuen!Sie fragen ob sich eine gute Soirée arrangiren liesse? Ohne Zweifel. Mehrere kann ich nicht proponiren denn wir haben keine von der Gesell­schaft (Philharmonischer Verein) an­gestellten Künstler wie ich es so sehr gehofft hatte. Rose ist hier geblieben, bekommt aber nur seine Besoldung per Concert, Hegar auch (Cello) |2|& so mußte ich den jungen Leuten Gelegenheit geben etwas Geld zu verdienen. Wir hatten daher drei Sonntag-Matinées angezeigt, aber nun zeigen die Hamburger uns an dass sie am Sonntag von 1-3 Uhr nichts wißen wollen. Was nun beschliessen? Etwas müssen wir schon ändern & ich denke aus den 3 Matinées werden 2 Soirées: Freitag d. 30 October & 6 November. Fräulein Falk die aber anwesend ist, spielt in der ersten, Herr Smith, unser junger aber hoffnungsvoller 1t Pianist in der zweiten. Dann kommt am 13 das Philharmonische Concert, & dann Frau Schumann. Die |3|„Dichterliebe“ ist für Sie reservirt liebe Freundin, & Sie werden mir sie hoffentlich auch begleiten. Oder wollen Sie mich überhaupt nicht? – Nicht gleich böse seyn! – A propos! Bitte, bitte betiteln Sie mich nicht auf Ihren Briefen! Ist Ihnen mein Name allein nicht mehr gut genug? Nein, Sie wollen mich nur stolz machen auf meine neue Würde, aber das geschieht nicht. O wie wenig kann ich! Wie unendlich viel giebt’s zu lernen! Es ist schrecklich! Ich bin aber auch fleissig, gehe wenig aus, begrabe mich in Parti­turen, Quartetten, Bratschen etc.! -- Nun hab‘ ich in drei Proben die Sym­phonie C dur vom geliebten Meister ungefähr ins Reine gebracht. Bis dahin hatte ich keinen Metronom |4| zur Hand genommen, entschloss mich endlich einen zu consultiren und -- o Schreck! – Welche Tempi! Sind die Bezeichnungen recht? Es geht ja alles furchtbar rasch. Hat Schumann einen unrichtigen Metronom gehabt? Bitte erklären Sie mir das. Ich studiere nicht weiter bis ich Ihre Ansicht darüber habe. Scherzo & Finale der genannten Symph. sind ja unmöglich mit deutschen Kräften. In Paris à la bonne heure, aber hier im Norden? Wie machte es damals Eckert in Wien? Gestern haben wir den ersten Satz der Eroica vorgenommen. O daß die Leute doch alles vergessen könnten was sie bisher gespielt! Es ging mit Schumann leichter weil sie’s wenig gespielt hatten. Aber willig & warm werden sie jetzt & sehen dass es der Sache gilt. Auch in die Academie ist ein besserer Geist gekommen. Statt drei Tenöre wie im März es waren, sind 19 da. Wir studieren Schumann‘sche Lieder für gemischten Chor. Bach’s Cantate steht ziemlich fest. – Kurz es geht, & soll noch besser werden!

Es grüsst Sie, & bittet sehr um Tempi
Ihr ergebener J. St.

– Viele Grüsse an Ihre Umgebung! –
Brahms jun. übt das Quartett seines Bruders (a dur) mit Rose u. Consorten ein damit Sie schon sichere Spieler finden. –

  Absender: Stockhausen, Julius (1547)
  Absendeort: o. O.
  Empfänger: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
  Empfangsort:
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 7
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit Jenny Lind-Goldschmidt, Wilhelmine Schröder-Devrient, Julius Stockhausen, Pauline Viardot-Garcia und anderen Sängern und Sängerinnen / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Jelena Josic, Thomas Synofzik, Anselm Eber und Carlos Lozano Fernandez / Dohr / Erschienen: 2023
ISBN: 978-3-86846-018-6
602 - 605

  Standort/Quelle:*) D-B, s: Mus. Nachl. K. Schumann 2,87
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 

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