23.01.2024

Briefe



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ID: 19542
Geschrieben am: Montag 14.03.1864
 

Hamburg. 14.3.64.

In great haste.
Clara, – ja Clara heisst die Auserwählte! Clara Toberentz aus Berlin. Kennen Sie sie liebe Frau Schumann? Hier weiß noch Niemand unser Glück, übermorgen erst wird es bekannt, aber Sie sollen im Norden sobald wie möglich erfahren wie glücklich der Hamburger Musikdirector ist den Port erreicht zu haben. „Das ewig weibliche zieht uns hinan.“ Und, wahrlich, ein ächt weibliches, sanftes, heiteres Wesen ist meine Clara! Ein goldherz! |3| Sehr bald nach dem ersten Philh. Concert am 4. November, (es war am 5 od 6) meldeten sich zwei Damen. Sie sassen an meinem Flügel u musicirten. Es war die Sprechstunde. Ich bat um Erlaubniß die Damen bei Ihnen zu empfangen, u da wurde Frl. Clara geprüft. Streng konnte ich nicht seyn, so mild u ladylike war das gute Mädchen, u sie wurde auch gleich in die Academie aufgenommen. Seit der Zeit hat sie immer im Alt denselben Platz behauptet, unten am Flügel gestützt; als hätte sie auch am Clavier Antheil. |2| Liebe Freundin! Ich hätte nie gedacht daß der ruhige Besitz eines reinen Mädchenherzens solche Befriedigung geben könnte! Ich bin überglücklich. Was ich nicht habe, das hat meine Clara im reichem [sic] Maasse: die Milde, die Sanftmuth, die gleichmässige Stimmung u darum sage ich sie sey geschaffen um mich zu ergänzen. Doch ich bin nicht so eitel zu denken daß der liebe Gott sie mir bei der Hand herbeigeschafft hätte. Nein, die Winterreise, ein unvorsichtiges Wort ihrerseits hat uns so bald zusammengebracht, u nun wird ihr zu Ehren die Winterreise am 31 März wirklich gesungen. Es ist eine Geschichte die mündlich besser klingt als schriftlich. – |4| Aber warum hören wir so wenig von Ihnen, liebe Frau Schumann? Wie krank Sie auf der Reise waren erfuhr ich schon hier u in Düsseldorf wo ich Ihre Julie sah. Sie ist recht vergnügt u fleissig u schwärmt noch immer ein klein wenig für Mad. – Schlumberger. Nun, wenn sie ’was Besseres kennen lernt, wird das aufhören. Einstweilen ist sie in besten Händen. Wie lieb u gut sind Bendemann’s! Welch’ vorteffliche Menschen! Ja die Welt ist schön! Es giebt viel Gutes darin. Und über alles schön sind Liebe u Freundschaft, die geniesse ich jetzt in vollem Maasse.
Behalten Sie lieb
Ihren J. Stockhausen.

An Frl. Marie herzliche Grüsse. –
Darf ich Sie bitten Rubinstein u. Frl. Rahden grüssen zu wollen? –

  Absender: Stockhausen, Julius (1547)
  Absendeort: Hamburg
  Empfänger: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
  Empfangsort:
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 7
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit Jenny Lind-Goldschmidt, Wilhelmine Schröder-Devrient, Julius Stockhausen, Pauline Viardot-Garcia und anderen Sängern und Sängerinnen / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Jelena Josic, Thomas Synofzik, Anselm Eber und Carlos Lozano Fernandez / Dohr / Erschienen: 2023
ISBN: 978-3-86846-018-6
620f.

  Standort/Quelle:*) D-B, s: Mus. Nachl. K. Schumann 2,98
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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