23.01.2024

Briefe



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ID: 19678
Geschrieben am: Sonntag 12.09.1886
 

Basel, den 12 Sept. 86.
Geliebte Frau Schumann!
Unsre Glückwünsche zum Geburtstag sollen Sie auch dießmal aufsuchen, Ihnen sagen, wie herzlich wir Ihrer gedenken & wie sehnlich wir hoffen ein schönes & gutes Jahr möge morgen für Sie beginnen & so viel blauen Himmel & Sonnenschein mit sich bringen, wie sein erster Tag. Wie mögen Sie den festlichen Tag wohl zubringen? Weilen Sie noch auf den Höhen des Salzberges, oder führte Sie der Heimweg nach München, wie schon so manchmal? In Ffurt sind Sie wohl schwerlich, ist doch das Wetter so warm & schön, daß es einem vor der Stadtluft |2| bange wird. Wir empfinden ihre Schwere seit einer Woche, bis dahin lebten wir herrlich & in Freuden in schöner Natur, waren fast 3 Wochen in Flims & die übrige Zeit in dem uns stets lieben Morschach.
Flims hat uns sehr gut gefallen, die vielen Waldspaziergänge bildeten unser Entzücken; auch sehr liebe Gesellschaft fanden wir dort und die Zeit verging nur zu rasch. Vorher hatten wir eine große Reise gemacht, wir waren nämlich in Berlin sahen dort die Ausstellung, außer derselben noch die vielen andern Kunstschätze unsrer Reichshauptstadt & fanden auch für das Gemüth Ausspannung & Befriedigung durch den Verkehr mit Spittas, dem guten (leider verstrohwittweten) Herzogenberg und Joachim. Letzterer erfreute uns mehrere Male durch sein herrliches Musiciren.
|3| Von Berlin reisten wir nach Braunschweig zu den Verwandten meines Mannes, verlebten auch dort fröhliche Tage in sehr liebem Kreise und kamen Mitte August hierher nur zurück um den Koffer für Flims umzupacken.
Von Ihnen hörten wir einige Male, Joachim hatte Nachrichten aus Franzensbad, daß Sie in Berchtesgaden angekommen erfuhren wir von andrer Seite. In Flims traf ich eine Fr. Dr. Wolfsohn aus Hamburg geb. Lepock aus Leipzig, ihr mußte ich fast täglich von Ihnen erzählen, die Einrichtung Ihres Hauses beschreiben, Alles was ich von Ffurt etc. wußte. Sie bat mich auch, Ihnen einen Gruß zu bestellen. Sie können denken welch ein liebes Thema das für mich war, es wurde auch vielfach variirt, die große Liebe welche die Dame für Sie hegte brachte uns gleich zusammen. Auch Ihren frühern Schüler Hr. Uzielli sahen wir öfters in Flims, er war dort mit seiner Braut & deren Tante |4| Das junge Paar musizirte manchmal zur Freude unseres engeren Kreises. Julia Uzielli habe ich sehr lieb, das arme Kind ist in der überaus schweren Zeit die ihrer Verheirathung vorherging viel bei uns gewesen & habe ich ihr häufig beigestanden mit Rath & That. Ihr Vater ist ganz unversöhnlich, die Art & Weise wie er die Tochter behandelt hat, ist jedoch unwürdig & roh. Ich hoffe daß es der armen Julia in Ffurt gut ergehen möge, sie hat einen schweren Anfang, muß noch so viel lernen & erfahren und ihre Erziehung war nicht die beste. Uzielli hat meinem Mann einen guten Eindruck gemacht, namentlich auch nach der musikalischen Seite hin, sein Clavierspiel war uns äußerst sympathisch, was aber ja eigentlich selbstverständlich ist, er ist ja Ihr Schüler. Nun Gott befohlen, geliebte Frau Schumann, wir hoffen bald von Ihnen zu hören, daß Sie gesund & vergnügt sind. Mit herzlichen Grüßen an Sie & die lieben Mädchen verbleibe ich Ihre getreue
Jetta Volkland


  Absender: Volkland, Henriette (1640)
  Absendeort: Basel
  Empfänger: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
  Empfangsort: Frankfurt am Main
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 10
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit Theodor Kirchner, Alfred Volkland und anderen Korrespondenten in der Schweiz / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Annegret Rosenmüller / Dohr / Erschienen: 2022
ISBN: 978-3-86846-021-6
525ff.

  Standort/Quelle:*) D-B, s: Mus. Nachl. K. Schumann 5,58
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 

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