Breslau den 29t Dez 87
Meine geliebte Frau Schumann,
Nur sehr flüchtige Zeilen sandte ich Ihnen neulich u konnte darin nicht genug sagen wie herzlich ich mich über Ihren letzten Brief gefreut hatte - heut hole ich es nach u danke für Ihre Güte u Liebe. So gut fühle ich, wie Sie wissen welche Herzensfreude Sie mir machen – u das thut mir so wohl! wie denke ich so oft an die Freude die mich erfüllte wenn ich Sie hier erwartete u was das dann für wonnige Tage waren als unsere 4 Wände Sie umschlossen! ich danke es Ihnen immer noch in der Erinnerung daß Sie damals hier waren – es war zu reizend Sie da zu haben! Es ändert sich ja Alles mit der Zeit jetzt würden Sie es nicht mehr behaglich bei uns finden denn stets hängt die Sorge drohend über uns u man hat keine Stunde sicher. So ist meine Schwester in den Feiertagen wieder unwohl gewesen da die Herzstockungen wieder eingetreten waren. Gottlob ging es vorüber, sie ist nur noch angegriffen. Ich bin aber nach solchem Memento etwas gedrückt. Hoffentlich haben Sie das Fest ungestört verlebt mit Ihren beiden lieben Mädchen u hoffentlich hat die Freude der Kinder auch Elisen wohlgethan u sie trägt ergeben was ihr auferlegt worden. Innigst wünsche ich Ihnen ein gutes neues Jahr u Verminderung Ihrer Sorgen – keine neuen Verluste! Möchte es mit Ferdinand leidlich gehen u Ihr Herr Schwiegersohn wieder ganz frisch u kräftig werden – und Sie selbst möchten Sie durch Nichts in Ihrer herrlichen Thätigkeit gehemmt werden damit Ihnen die Kunst, die hohe, alle Sorgen aufwiegen kann! ich bin schon glücklich wenn ich nur höre daß Sie spielten u es schön gelang! allerdings fühle ich daneben wie traurig es ist daß ich es nie mehr hören soll – ich muß daran nicht denken. Wie gern denke ich an Mariens tüchtige Natur! sie ist so restlos fleißig u davor habe ich so großen Respect! aber auch daß sie Ihr künstlerisches Leben so verständnißvoll theilt ist ein rechter Segen für Sie. Marie ist ganz das für Sie geworden was mir vorschwebte daß sie sein müßte, als ich Marie kennen lernte. Könnten Sie mir nur noch Eins einmal schreiben, was mir oft eine stille Sorge macht – Gutes über das Zusammenleben Mariens mit Eugenie! Aber ich will nicht fragen. – Nun muß ich noch einen Irrthum berichtigen – es ist nicht unser Freund Steinrück der in diesem Herbst gestorben ist, sondern sein Bruder, auch in Berlin lebend, auch Arzt. Er führte auch denselben Titel, deshalb ist der Irrthum öfter vorgekommen u ist der Familie direkt condolirt worden. Gottlob dß unser Steinrück den Seinen erhalten, er ist die Stütze Aller. – Also die Mäntel haben Sie nicht geschickt – ich sehe ein, dß bei einer Besorgung in so weiter Ferne Bedenkliches ist – u doch thut es mir leid! Meine Schwester trägt mir auf Ihnen zu sagen, dß sie sich vorgenommen hatte Ihnen zum Neujahr selbst zu schreiben, nun sie aber noch im Bett liegt soll ich Ihnen viel innige Grüße von ihr ausrichten u wie sie Ihnen Gutes wünscht u daß all Ihre Sorgen leichter werden möchten. Meine Schwester hat Sie doch fast eben so lieb wie ich, d. h. von ganzem Herzen treu u innig.
Und so lassen Sie Sich von uns Beiden ein „Glück auf“ für 1888 zurufen, den lieben Töchtern ebenfalls!
Ihre alte getreue verehrende
Elisabeth
Die Sonate von Brahms welche ich hörte war op. 100 A dur. –
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