Liebe Frau Schumann!
Frau Schumann – Berchtesgaden – beim Schwabenwirth – das klingt so gemütlich, dass ich gerne meine ganze Dirigirerei an den Nagel hinge und zu Ihnen eilte. Aber das geht nun nicht. –
Daß Sie schon am 30ten kommen wollen, ist mir gar nicht Recht. (Sie werden das weniger höflich, als aufrichtig finden, doch hören Sie nur meine Gründe:) Erstens habe ich in dem Glauben, dass Sie erst am 31ten Abends kommen, und weil Vogl’s an diesem Tage noch Ruhe haben wollen, nichts Rechtes im Theater angesetzt.
Zweitens möchte auch ich mir nach den Nibelungen 3 Tage Ruhe gönnen (bis Sonntag Abend inclusive). Am liebsten brächte ich diese 3 Tage mit Ihnen auf dem Lande zu; aber Berchtesgaden ist wohl zu weit? Oder am Ende auch nicht zu weit? Hierüber möchte ich Ihre offene Ansicht –
Dienstag den 2ten Freischütz mit Herr und Frau Vogl, Mittwoch Manfred, Donnerstag Don Juan. Weiteres wird sich dann finden. Nun die Wohnungsfrage: Frau Eller bittet Sie herzlich und dringend, bei ihr abzusteigen. Sie sind bei ihr vollkommen frei zu thun und zu lassen, was Sie wollen, haben den Salon und den Flügel ganz zu Ihrer Verfügung. Nur fragt sie Sie, ob Sie (in einem grossen Zimmer) mit Frl. Marie zusammen schlafen wollen, oder ob Sie allein schlafen wollen, in welchem letzteren Falle Frl. Marie neben an mit Frl. Eller schlafen würde, was dieser sehr angenehm wäre. Volkland’s und Frl. von Holstein wohnen eine Treppe höher. Ich versichere Sie, Sie werden ganz frei und behaglich sein. Frau Eller freut sich sehr; sie würde Ihnen selbst geschrieben haben, aber ich habe es übernommen, Ihnen tüchtig zuzureden –.
Also überlegen Sie sich, ob Sie mich am Freitag irgendwo brauchen können, nur würde ich hier Niemandem sagen, daß ich zu Ihnen reise, sonst schliessen sich am Ende Volkland’s etc. an, und das wäre für mich eher eine Anstrengung als eine Erholung.
Mit vielen Grüssen an Frl. Marie
in Verehrung und Hochachtung Ihr
Hermann Levi.
München 21.8.79.
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