Liebe Frau Schumann!
Verzeihen Sie, daß ich einige Tage gezögert! Ich weiß nicht, wo mir der Kopf steht vor Arbeit und Sorgen! –
Die hiesige Manfred-Aufführung ist ursprünglich von Jenke hier in Scene gesetzt worden; er hat aus verschiedenen Uebersetzungen das ihm am Besten dünkende ausgewählt. Possart hat sich an die Jenke’sche Bearbeitung nicht streng gehalten, besonders aus der Gildemeister’schen Uebersetzung Viel herübergenommen. Von der Böttcher’schen Uebersetzung, welche Schumann benutzt hat, ist Nichts geblieben, als der Gesang der Geister im 1. und 2. Akte. Meiner Ansicht nach sollte man sich so viel als möglich an Gildemeister halten, denn dies ist eine meisterhafte Uebersetzung. Am besten wäre es, wenn sich Herr Hermann direkt mit Possart in Verbindung setzen wollte, sich das Regiebuch schicken lassen würde. Possart wird – dies hat er zugesagt – jede Hülfe leisten. –
Mitte Juli bin ich nicht mehr hier; ich gehe Ende dieser Woche nach Bayreuth, und bleibe bis Ende August dort. Briefe an Kapellm. L. in Bayreuth treffen mich sicher. –
Mit Herzogenberg’s habe ich ein paar sehr schöne Stunden in Leipzig verbracht. Die Frau ist ein reizendes Geschöpf. Eine Klavierphantasie (Praeludium und Fuge über ein Wechselschlagmotiv) von Herzogenberg hat mir sehr gut gefallen; allerdings wurde sie von Frau v. Herz. allerliebst gespielt. Wir haben natürlich auch viel krakehlt, aber „Alles in Liebe und Güte“. –
Daß Sie das Haus gekauft haben, wundert mich gar nicht. Für eine schöne, behagliche Wohnung würde auch ich jedes Opfer bringen. –
Ich wollte, ich wäre 3 Monate älter. Seit 6 Wochen habe ich etwa 1000 Briefe geschrieben –
Viele herzliche Grüße an die beiden Damen. Hoffentlich kann ich Sie im September irgendwo sehen!
In alter, treuer Freundschaft
immer Ihr
Hermann Levi
4.6.82.
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