23.01.2024

Briefe



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ID: 20724
Geschrieben am: Freitag 14.04.1871 bis: 18.04.1871
 

April 71.
Liebe Clara,
Nur in Eile will ich danken für Deinen lieben Brief den ich neulich in Bremen bekam. Die Aufführung war allerdings sehr erfreulich u. die Aufnahme fast zu gut denn die Bremer ließen sich nach der Hauptprobe im Dom zu einem Tusch etc. hinreißen was denn doch über den Spaß geht.
Nach dem Requiem sang die |3|Wilt ┌<Arien>┐ ┌u. ein Baryton Arien aus┐ Messias u. Tod Jesu u. zum Schluß machten wir ein doppelchöriges Halleluja, womit freilich eigentlich ein „Triumflied“ von mir nur anfangen soll.
Es war aber grade lang u. schwer genug u. wie Reinthaler derartige Leistungen mit Chor u. Orch. fertig bringt ist zu bewundern. Dirigirt habe ich, aber das ist das Leichteste.
Ich muß nun nächstens in Bremen (Dienstag 23ten) m. Concert spielen.
Zum Mai jedoch gedenke u. hoffe ich in Baden zu sein. Dann können wir plaudern u. namentlich uns von Ferdinand |2| vorplaudern lassen.
Hier sitze ich recht katzenjämmerlich betrübt u. sehe m. Bücher an u. betrachte m. Leben.
Mit Elisen ist wohl nichts zu machen. Eine kleine Hoffnung mag es sein daß die Hochzeit erst zum Winter sein soll.
In Berlin war ich zu Königs erstem kaiserlichen Geburtstag. M. schlechtes Gedächtniß sagte mir leider nicht den Namen von Felix’s Lehrer, ich erfuhr die Addreße zu spät von Rudorff. <War übrigens> Er wird übrigens so gut wie ich den ganzen Tag unterwegs gewesen sein, bei welcher Gelegenheit ich denn Vielerlei abzuwickeln hatte.
|4| Wir können nun im Sommer auch hübsch in den Elsaß fahren – denn wir müßen Beide die große Zeit nachgenießen also Auge u Ohr aufmachen.
Das ist nun gar nicht zu sagen wie schön u. groß unser Land u. Volk sich gezeigt. So jämmerlich die Franzosen daß Du jetzt noch den Umschlag in der Stimmung merken wirst. Denn besser als sie selbst kann ihr ärgster Feind nicht sorgen daß die Sympathien für sie verloren gehn.
Doch genug wenn die Möglichkeit des Sprechens so nahe ist kann ich eingefleischter Briefhasser doch nicht mehr schreiben!
Herzlichste Grüße!
Dein Johannes

  Absender: Brahms, Johannes (246)
Absendeort: Hamburg
  Empfänger: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
Empfangsort: London
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 3
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit Johannes Brahms und seinen Eltern / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Thomas Synofzik / Dohr / Erschienen: 2022
ISBN: 978-3-86846-014-8
1181ff.

  Standort/Quelle:*) US-NYpm, Mary Flagler Cary Music Collection - Letters (Unbound), s: MFC B8135.S392
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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