Myliusstrasse, 32.
d. 25 Dec. 1881.
Liebste, gute Frau Fellinger
Haben Sie Dank für Ihren lieben Brief und die reizende Beilage, die nun zu der Anderen von vor einem Jahre kommt, jetzt auf zwei gleichen Lampen gebraucht werden soll. Der vorjährige Schleier hatte mich immer zu brauchen gedauert, nun aber sollen sie Beide daran, und mich immer an die lieben alten Freunde erinnern. Für Ihre Einladung herzlichsten Dank, liebe Frau Fellinger, aber, das wird nicht gehen, ich habe ja Oser’s schon versprochen, falls ich nach Wien komme, bei <I>ihnen zu wohnen. Ich würde Ihnen, Liebe, Gute, viel zu viel Unruhe bringen, und das würde mich doppelt quälen, als ich weiß, wie zart Ihre Gesundheit ist. Nichtsdestoweniger werden wir uns aber viel sehen, das hoffe ich, wenn ich nur ’mal erst dort wäre! Es freut mich innigst, daß es Ihnen in Wien so gut geht, wären Sie mir nicht so viel durch Ihre lieben Kinder beun- ruhigt! Das Klima in Wien ist kein gutes, und muß man sich erst recht daran gewöhnen. Ob aber die Luft nicht für die nervösen Kopfweh Ihres Mannes wohlthätig ist? Freilich soll sie für die Lunge wieder gefährlich sein, und da müssen Sie wieder doppelt Vorsicht haben. Ach, das Leben ist eben ein ewiger Kampf, und müssen wir dankbar sein wenn wir ihn im Verein
mit unserem Lieben bestehen. So wünsche ich Ihnen dann vor allem daß Ihnen im neuen Jahre Ihre theuersten Schätze erhalten bleiben. Das Leben in Wien wird Ihnen immer lieber werden – oft denke ich mit Sehnsucht dorthin. Die Kinder grüßen Sie herzlich – sie hatten mir einen schönen Tisch bereitet voll der reizendsten Geschenken. Heuter zünden wir den Schülern den Christbaum an und das ist uns immer eine besondere Freude. Leben Sie Beide wohl mitsammt den Kleinen, und behalten Sie lieb
Ihre Clara Schumann.
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