23.01.2024

Briefe



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ID: 20990
Geschrieben am: Mittwoch 06.11.1889
 

Frankfurt a/M d. 6 Nov. 1889.

Liebe Frau Fellinger

was dachten Sie wohl von mir, daß ich nicht längst auf Ihre lieben Zeilen z. 13ten Septbr. geantwortet, aber, ich wollte dies nicht gar zu kurz thuen, und fand zu längerem Briefe nicht Zeit. Auch heute habe |2| ich nicht die Muße, die ich mir wünschte, mit Ihnen etwas gemüthlich plaudern zu können, aber, ich will doch nicht länger den Dank verschieben, der mir so lange auf dem Herzen liegt. Wie freute mich aus Ihren Zeilen zu ersehen, daß es Ihnen doch besser geht – Sie arme Dulderin! was haben Sie wieder, seit wir uns nicht sahen, geduldet! aber, Eines möch-|3|te ich doch fragen: strengen Sie sich nicht zu viel an mit Musik, Malerei, ect.? dazu kommen dann doch auch noch die häuslichen Sorgen und die für die lieben Söhne – ich glaube, Sie thuen oft viel zu viel für Ihren zarten Körper! denn ist <> in Wien auch der Verkehr anstrengend, das Aufbleiben bis spät in die Nacht, Sie legen sich doch gewiß nicht, wie wir hier, um 10 Uhr schlafen? ich bin überzeugt, daß die regelmäßige Lebens-|4|weise eine Hauptbedingung für jede Frau ist – die Männer haben ja stärkere Nerven und kräftigeren Körper! man läßt sich durch sie so leicht verleiten, über die Kräfte zu gehen. Ihren lieben Kindern sage ich auch meinen herzlichsten Dank f. die Glückwünsche. Der 13te war ein schöner Tag für mich, ich war umgeben von Liebe, u. von so vielen Seiten kamen mir Theilnamsbeweise, daß ich mich fast überwältigt fühlte! –
Sie feyern jetzt nun in dem lieben Wien wieder schöne Stunden mit Brahms, nicht wahr – das sind |5| aber auch die gefährlichen, denn die gemüthlichsten sind doch immer die Abendstunden, da bittet dann der Mann und der Freund, und die liebe Frau bleibt sitzen bis tief in die Nacht.
Nun seyen Sie Alle herzlichst gegrüßt, gedenken Sie zuweilen meiner
Ihrer
treu ergeben
Clara Schumann.

Meine Töchter grüßen sehr.

  Absender: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
  Absendeort: Frankfurt am Main
  Empfänger: Fellinger, Maria (443)
  Empfangsort:
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 4
Briefwechsel Clara Schumanns mit Maria und Richard Fellinger, Anna Franz geb. Wittgenstein, Max Kalbeck und anderen Korrespondenten in Österreich / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Klaus Martin Kopitz, Anselm Eber und Thomas Synofzik / Dohr / Erschienen: 2020
ISBN: 978-3-86846-015-5
271f.

  Standort/Quelle:*) D-Zsch, s: 11784-A2
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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