Frkft. a/M d. 20 Nov. 1883.
Liebe Frau Joachim,
es lag mir sehr fern Sie kränken zu wollen, und kann ich mich durchaus nicht erinnern, Ihnen so geschrieben zu haben. Ich sagte Ihnen nur, wie ich es beklage, unter den obwaltenden Verhältnissen Sie nicht sehen zu können. Dass Sie nicht zu mir kommen konnten, begreife ich wohl, ich konnte aber auch nicht zu Ihnen kommen, wo ich in täglichem Verkehr mit Ihrem Manne stand. Hätten Sie doch einmal eine Gelegenheit wahr genommen mit mir mündlich über die Sachen zu sprechen, schriftlich auf Alles zu erwiedern, führt ja zu Nichts. Wie oft habe ich aber schon gedacht, hätten Sie u. Ihr Mann mir früher einmal vertrauend über die unglücklichen Verhältnisse gesprochen – ich würde Alles dran gesetzt haben zu vermitteln – ach, gäbe es doch noch jetzt eine Möglichkeit! aber, wie die Sachen jetzt stehen, kann man ja nur mit stummem Weh in das Chaos der Zerwürfnisse blicken – der Dritte weiss sich da ja garnicht herauszufinden. Das aber muss ich sagen, dass ich an solche Handlungsweise, wie Sie sie Ihrem Manne in Hinsicht Ihrer künstlerischen Bestrebungen Schuld geben, nicht glauben kann. Ich bin überzeugt, dass wer Ihnen die hinterbracht, Sie nur mehr noch gegen ihn aufhetzen wollte – es giebt ja solche Freunde leider auch – Möchten Sie glauben, dass ich mit wahrem Schmerze Ihrer Beider gedenke – wo so viel Glück sein könnte, u. soviel Unglück ist! Ich möchte Ihnen nicht Unrecht thun, aber auch ihm nicht – wie schwer ist das! Schliesslich gebe ich Ihnen die Versicherung, dass Ihr Verdacht, als habe ich keine Sympathie für Sie gehabt, unbegründet ist; ich hatte sie nicht immer für das, was Sie thaten, für Sie persönlich aber stets. Glauben Sie dies
Ihrer
wahrhaft theilnehmenden
etc.
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