23.01.2024

Briefe



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ID: 21109
Geschrieben am: Donnerstag 08.12.1887
 

Frankfurt a/M.. 8. Dez.

Liebster Joachim!

Daß Sie nicht wieder nach Frankfurt kamen, war traurig, obgleich ich mich der Hoffnung, Sie noch ein mal hier zu sehen, nicht hingegeben hatte. Ihren lieben Sohn haben Sie hoffentlich recht wohl gefunden und an ihm Ihr Herz erlabt! Ueber meinen Plan mit Berlin kann Ihnen leider noch gar nichts sagen; Sie haben keinen Begriff, wie abhängig ich von meinen Armen bin. Neulich habe ich einmal das Trio von Brahms gespielt und hatte mich damit so übermüdet, (ich hatte es in großer Begeisterung gespielt, und dabei nichts gespürt) daß ich schon über 14 Tage nicht spielen kann. Sie sehen, was für eine elende Musikantin ich bin, und so büße ich fast jede hohe künstlerische Freude, die ich habe. So muß ich denn auf alle Fälle mit einem Entschlusse für Berlin oder London bis Neujahr warten. Gehe ich nicht nach London, könnte ich dann nicht vielleicht nach Berlin kommen, wenn Sie von London zurückgekehrt sind? Ostern fällt dies [sic] Jahr schon am 1. April, und ich meine, man könnte den ganzen Monat April recht gut noch Conzerte geben. Wollen Sie nicht mit Schaeff einmal darüber sprechen? Der April wäre auch darum für mich angenehm, weil wir dann doch schon mehr des Winters hinter uns haben, und ich große Kälte nicht mehr zu fürchten hätte. Wie gerne spräche ich Sie einmal ein Stündchen ruhig, wozu es leider hier nicht kam! Auch über das Duo-Conzert spräche ich Ihnen gerne einmal meine Empfindungen aus; es würde mich interessiren und mir würde mir [sic] lehrreich sein zu erfahren, worin ich Recht oder Unrecht hätte. Daß Sie in Basel noch so schöne Tage verlebt, hörte ich durch Volkland, und freute mich ganz besonders, daß sein Verhältniß zu Brahms wieder ein freundlicheres geworden ist. Und wie haben Sie auch Bendemanns beglückt – wie habe ich Sie diesen Freunden gegönnt! Nun will ich aber schließen, sende Ihnen nur noch die innigsten Grüße zum Weihnachtsfest und Neujahr, in welchem letzteren Sie gut bleiben mögen
Ihrer
alten Freundin
Clara Schumann.

  Absender: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
  Absendeort: Frankfurt am Main
  Empfänger: Joachim, Joseph (773)
  Empfangsort:
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 2
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit Joseph Joachim und seiner Familie / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Klaus Martin Kopitz / Dohr / Erschienen: 2019
ISBN: 978-3-86846-013-1
1329f.

  Standort/Quelle:*) D-Zsch, s: 6642-A2
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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