23.01.2024

Briefe



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ID: 21110
Geschrieben am: Montag 12.11.1888
 

Frankf. a/M. 12. Nov.

Liebster Joachim!

Das ist doch sehr schwer, ich soll Ihnen über das Conzert Bestimmtes schreiben, und bin grade heute von einer Neuralgie im Arm befallen; da sinkt Einem ja gleich aller Muth. An eine soirée ohne Orchester hatte ich aber nicht gedacht, denn Sie schrieben mir ja früher, wenn wir ein Conzert mit Orchester geben wollten, so wäre dasselbe nur noch am 13. Dez. zu haben (vor Weihnachten) und darum nehmen wir ja diesen Tag. Wenn ich nach Jahren jetzt noch einmal in Berlin spiele, so möchte ich doch gern ein neues Stück spielen, ich meine eines, was ich noch nicht in Berlin vorgetragen habe, u. das ist das Chopin’sche Conzert. Zu dem Duo von meinem Manne hatte ich wohl einmal Lust, jedoch paßt das nicht in ein Orchester-Conzert. Ich hatte nun schon fragen wollen, ob wir nicht einen Tausch mit jemand Anderem betreff des Tages machen könnten, etwa acht Tage früher das Orchester-Conzert geben u. eine soirée acht bis zehn Tage danach, wo wir dann außer dem Duo noch die Brahm’sche [sic] neue Sonate spielen könnten, ich hätte dann einen Schüler von mir zu dem Duo mitgebracht, der auch noch ein Solo hätte spielen können – vorausgesetzt Ihrer Einwilligung. Doch die heutige Attacke stimmt mich wieder sehr herab, u. wer weis, ob ich überhaupt spielen kann. In letzterem Falle müßte ich Ihnen das Program [sic] ganz überlassen, könnte eben nur in der Mitte das F-moll Conzert von Chopin spielen, Solo keines. Nun sagen Sie mir, wenn der letzte Termin ist, wo Sie meine Entscheidung haben müssen? Dann auch, wenn ich zusage, was wird, wenn mich plötzlich doch Etwas überfällt? Wer springt für mich ein? Das sind kritische Fragen, u. ich fühle Gewissensbisse Ihnen Unruhe dadurch zu bereiten. Bitte also den letzten Termin! Brahms’ Sonate erhielt ich heute, konnte sie leider nicht spielen, nur durchsehen, was ich aber sah, erfreute mich schon. Für Ihren telegraphischen wie brieflichen, freundlichen Wunsch besten Dank u. herzlichste Grüße von uns Allen.
Ihre
alte
Clara Schumann

  Absender: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
  Absendeort: Frankfurt am Main
  Empfänger: Joachim, Joseph (773)
  Empfangsort:
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 2
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit Joseph Joachim und seiner Familie / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Klaus Martin Kopitz / Dohr / Erschienen: 2019
ISBN: 978-3-86846-013-1
1353f.

  Standort/Quelle:*) D-Zsch, s: 6639-A2
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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