Frankf. d. 19 Nov. 90
Liebste Emilie
nur so ein kleines Bögelchen nehme ich, aber, es drängt mich Dir einmal ein Wort des Dankes f. Deinen lieben letzten Brief, und ein Lebenszeichen zu geben.
Mit dem Flügel für Hedi hast Du recht, es ist viel besser, sie sucht ihn sich selbst aus; solche Ueberraschungen laufen meist schlecht aus. |2| Daß Hedi so viel Mißgeschick gehabt, that mir leid zu hören. Bitte, sage ihr doch, daß wir Tag für Tag die Zeitungen nach dem Lieder-Abend der Klein durchsucht haben, und erst jetzt hörte ich daß ein Fußleiden Diese zu kommen hinderte. Es wäre aber auch keine günstige Zeit gewesen, denn die Concerte haben sich förmlich gejagt.
|3| Von uns kann ich Dir ziemlich Gutes sagen, ich laviere so zwischen durch mit Rheumatismus, doch habe ich mich sehr gekräftigt, und habe vorige Woche im Museum (nach 1½ Jahr Pause) wieder einmal gespielt, und zwar sehr glücklich; ich war höchst inspirirt und hatte eine wahrhaft großartige Aufnahme, auch ist mir die Sache gut bekommen, obgleich die Aufregung vorher (von uns Dreien) ent-|4|setzlich war. Ich spiele nun noch in der Kammermusik am 9ten Jan., dann wohl nicht mehr. Von Auswärts habe ich Alles abgeschlagen.
Ich habe, bevor ich hierher zurückkehrte Frau Bendemann besucht, das war der Grund, daß ich Baden früher verließ. Hier kam gleich viel Unangenehmes, wie es ja fast immer, nach so langer Abwesenheit, der Fall ist.
Leb wohl, meine theuere Mila, grüße die Deinen herzlichst, möge es der armen Kranken leidlich gehen! –
Bleib gut Deiner alten
Clara.
Die Töchter grüßen sehr.
Borwick geht’s in Engl. brillant. Ilona hat nun mit Glück ihre Carriere begonnen.
|