23.01.2024

Briefe



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ID: 21583
Geschrieben am: Mittwoch 24.06.1885
 

Frankf. a/M d. 24 Juni 1885.
Geehrter Herr Speyer,
ich erhielt diesen Morgen Antoniens lieben Brief, u. bitte Sie ihr zu sagen, wie er mich erfreut hat. Leider werden wir Sie hier keinesfalls sehen, da wir schon am 30ten von hier nach Gastein abreisen müssen. –
Was mich veranlaßt Ihnen heute zu schreiben, ist die Mittheilung Antoniens, daß Sie mit ihr eine 6tägige Fußtour |2| unternehmen wollen, u. da möchte ich Ihnen als alte, erfahrene Frau recht sehr davon abreden. Sie glauben nicht, wie viele junge Frauen sich durch Reisen und die Anstrengungen, die solche mit sich bringen, für ihr ganzes Leben geschwächt haben. Bedenken Sie, was eine Frau vor der Hochzeit schon an Anstrengungen aller Art durchmacht auch gehört Antonie nicht zu den Stärksten, und daß, anstatt zu reisen, es wohl vernünftiger wäre, ruhig und still an einem Orte zu leben. Es ist jetzt so Mode, aber, früher, |3| als man noch nicht so die Gelegenheit hatte, große Reisen zu machen waren die jungen Frauen fast nie leidend, u. jetzt fast Alle! – Ich kann mir ja denken, wie herrlich Sie sich das, mit Antonien am Arme durch die Berge ect. zu wandern gedacht, aber geben Sie es ihr zu Liebe jetzt auf, auch lassen Sie sie gerade jetzt nicht viel reisen! Sie können ja später einmal nachholen. Sein sie mir nicht bös, aber ich hielt es für meine Pflicht Sie darauf aufmerksam zu machen, könnte Ihnen viele Beispiele erzählen, die für meine |4| Besorgtheit sprechen. –
Ich wollte Antonien darüber nicht schreiben, weil sie es Ihnen doch vielleicht nicht gesagt hätte, auch um Ihnen die Freude nicht zu stören.
Wir sind im Abreisetroubel – schrecklich leid ist es mir daß ich Sie nicht sehe, nicht mein Herz an Ihrem Glücke erlaben kann! –
Ich denke mir, Sie haben das Haus uns vis-a-vis im [?] Vorschlag – könnten Sie, welches auch es sei, nicht erst auf 2–3 Jahre miethen? gefällt es Ihnen dann, kaufen Sie es – es scheint mir weniger riskirt.
Mit herzlichsten Grüßen an Sie Beide Ihre ergeb
Clara Schumann.
Sehr eilig, deshalb um Nachsicht bittend.
[Umschlag]
Herrn
Edward Speyer.
in
Interlaken.
(Schweiz)
Hôtel zum Jungfraublick.

  Absender: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
  Absendeort: Frankfurt am Main
  Empfänger: Speyer, Edward (1515)
  Empfangsort: Interlaken
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 13
Robert und Clara Schumann im Briefwechsel mit den Familien Verhulst, Kufferath/Speyer und Engelmann sowie anderen Korrespondenten in Belgien und den Niederlanden / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Eva Katharina Klein, Anselm Eber und Thomas Synofzik / Dohr / Erschienen: 2024
ISBN: 978-3-86846-024-7
425f.

  Standort/Quelle:*) D-Zsch, s: 10352,4-A2
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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