Baden d. 2 Octbr 1871.
Liebes Fräulein,
ich bin jetzt so enorm beschäftigt, da ich, sowohl practisch als auch künstlerisch mit meiner Winterreise sehr in Anspruch genommen bin, daß ich Ihnen nur wenig Worte des Dankes für Ihren lieben Brief sagen kann. Es freute mich herzlich Gutes von Ihnen zu hören, doch Eines erwähnten Sie nicht, was Ihnen doch gewiß am tiefsten im Herzen lebt? Burnands, welche vor 14 Tagen |2| hier waren erzählten mir als ganz gewiß von Ihrer Verlobung, Sie aber erwähnen es garnicht? –
Ich hatte schon gehofft Sie in Wien im November zu treffen, nun hat sich aber meine Reise dorthin bis Februar verschoben, da ich vor Weihnachten mit Frau Joachim verschiedene Koncert-Reisen zu machen denke. Nach England gehe ich sehr wahrscheilich dies Jahr nicht, werde Sie also dort auch nicht treffen – wie leid ist mir das! –
Ueber der Rose Pilgerfahrt, |3| liebste Anna, kann ich Ihnen aus so weiter Ferne doch nur sagen was die Ausstattung im allgemeinen betrifft, und das fühlt Ihr feiner Sinn und Geschmack von selbst heraus. Das Werk ist eben durchaus duftig, voller Poesie. Könnten wir es doch zusammen ’mal durchgehen, welche Freude wäre mir das. Nun, vielleicht fügt es sich doch noch – wir Künstler sind ja immer den Wellen preisgegeben, wer weiß, wo wir uns doch treffen!
Ihrer lieben Tante sende ich meine verehrungsvollsten Grüße, ebenso Ihrem |4| verehrten Onkel!
Lassen Sie mich wieder ’mal von sich hören, bitte; Sie wissen ja, daß ich Ihnen die wärmste Theilnahme stets bewahre.
Meine sicherste Adresse ist den Winter hindurch: Berlin, abzugeben bei Herrn Ferdinand Schumann, 4 Oberwallstraße bei Herrn H. C. Plaut.
Meine Kinder grüßen Sie schönstens, und ich drücke Ihnen von ganzem Herzen die Hand als
Ihre
getreu ergeb
Clara Schumann.
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