23.01.2024

Briefe



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ID: 21740
Geschrieben am: Mittwoch 20.05.1891
 

Baden-Baden d. 20 Mai 1891, 6 Luisenstrasse.
Liebe Mathilde,
eben erhalt ich Ihren lieben Brief, es fällt mir aber auf, daß Sie von Franzensbad schreiben, während ich schon vor mindestens 5 Wochen Ihnen mittheilte, daß ich dies Jahr wahrscheinlich nicht nach Franzensbad, sondern d. 8–9 Juli direct nach Obersalzberg gehen werde, ferner theilte ich Ihnen mit, daß ich den Monat Mai die Cur hier gebrauchen wolle, was ich eben thue. So haben Sie also mein Schreiben, das ich absandte, sobald mein früheres Reisen nach Obersalzb. bestimmt war, nicht erhalten, was mir sehr leid thut. Uebrigens war es nur ein kurzes Briefchen, u. enthielt nichts anderes als nur diese obige Mittheilung.
Wie leid ist mir aber der lieben Freundin Unwohlseyn! mir ist es ähnlich ergangen; ich hatte mich bis Anfang März gut gehalten, da faßte mich eine Erkältung, Husten u. Schnupfen in ganz ungewöhnlichem Grade, und ich quäle mich nun seitdem damit ab; wenn’s ’mal besser ist, dann kommt plötzlich Kälte, und dann ist Alles wieder da. Ich war und bin auch recht muthlos, mit den ewigen Leiden aller Art, kann mir der lieben Freundin Zustand ganz und gar denken. Hier geht es aber doch besser, die herrliche Natur erquickt das Herz, und stimmt doch auf Stunden heiter. –
Was ich Ihnen sonst zu erzählen hätte, verspare ich mir Alles bis zum August, hatte gehofft Sie schon im July oben zu treffen, nun bleiben Sie aber hoffendlich [sic] dafür den ganzen August? Sollten Sie nicht beim Hinderecker [sic] ankommen, wollen Sie es nicht bei der Moritz versuchen? ich weiß zuverlässig daß sie auch billigere Preise macht, und es wohnt sich doch besser in einem Hause, wo Sie Alles haben können ich fürchte die Zimmer beim Hinterecker sind kalt, haben nicht viel Sonne! Berufen Sie sich auf mich, ich hätte ihnen [sic] davon gesagt. Und nun noch etwas: Sie müssen nach Kreuznach über Frankf., und dort etwas ausruhen. Wollen Sie nicht bei uns mit der theueren Freundin ein paar Tage rasten? und aber auch, wenn wir doch fort sein sollten, weil ich vor der Sommerreise nach Düsseldorf muß, in Frankfurt bei uns übernachten? wir würden dann einrichten, daß das Fremdenzimmer bereit wäre. Machen Sie keine Umstände, liebe Mathilde, sondern sagen einfach Ja. Ich muß schließen. Wir kehren am 30ten d. M. nach Frkf. zurück, und arbeiten den Juni hindurch. Eugenie, die in London war, von dort nach Malta u. Sicilien mit einer Bekannten reiste, die Fillunger, die nach Australien ging, bis Malta begleitete, kehrt auch mit Gott am 29ten d. M. zurück. Jetzt schwimmt sie 9 Tage, von Brindisi nach London.
Mit den wärmsten Grüßen an Sie Beide und hoffend, daß es Ihrer Freundin mit dem warmen Wetter, was doch endlich eintreten muß, besser gehe, Ihre alte dankbare
Clara Schumann.

Von Julie hören wir Gutes, auch vom Nand.

  Absender: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
  Absendeort: Baden-Baden Luisenstr.
  Empfänger: Wendt, Mathilde (1688)
  Empfangsort:
  SBE: II.14, S. 250ff.

  Standort/Quelle:*) D-Zsch, s: 7362,7-A2
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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