Dresden d. 13 April 1847
Meine liebe Mila,
zwar habe ich vor Kurzem an Elise geschrieben, und sie gebeten, Dir meinen Brief mitzutheilen, kann aber doch nicht unterlassen noch mit Dir Selbst ein Wörtchen zu <schreiben> reden, und Dir zu danken für den Aufsatz in der Allgemeinen Zeitung, der sehr gut gemeint war, Saphir freilich in die größte Wuth versetzt hat, was Du wissen wirst. Was uns nun betrifft, müßte ich Dir Alles aus Elisens Brief wiederholen, was Du vielleicht schon weißt; aber sehr lieb wäre es mir von Dir direct etwas zu erfahren! Ihr <g>denkt wohl nun bald an die Reise nach Wien? Elisens schwere Stunde naht nun auch heran! wird sie das Wiedersehen mit Deiner Mutter nicht recht angreifen? wie werde ich an Euch denken im Juni! um Euret Willen thut es mir sehr leid, daß wir nicht wieder nach Wien gehen – unser Zusammenseyn war doch gar so trübe und traurig! – Ich hoffe, Ihr Alle habt Euch |2| jetzt etwas beruhigt – ist auch die Wunde nie zu heilen, so lindert doch die Zeit den Schmerz. Wie geht es Deiner lieben Mutter und Lina? grüße Beide recht freundlich von mir! wie leid thut es mir, daß ich Lina nicht sehen kann, ich denke sie muß sich sehr verändert haben seit ich sie sah, und nach Allem, was <ich> Du mir sagtest muß sie sehr interressant sein! –
Meine Marie macht mir jetzt viel Freude durch ihr geistiges Entwickeln! sie fängt an die Buchstaben zu lernen, schreiben, spielt auch schon 12 kleine Uebungen auf dem Clavier, was mir viel Vergnügen macht, man merkt überhaupt täglich Fortschritte! dieses Entwickeln so von Tag zu Tag <ist sehr> zu beobachten, ist doch ganz wunderbar! – Hätte ich nur mehr Freude an meinem Jungen! das arme Kind ist wirklich recht elend! Alles geschieht mit ihm und Alles fruchtlos. Ich denke die beiden Jüngsten einige |3| Monate auf’s Land zu schicken, vielleicht, daß das guten Einfluß übt.
Robert und ich, wir sind jetzt wieder sehr fleißig; dabei befinde ich mich doch am wohlsten, denn darüber geht doch nichts, sich jeden Tag sagen zu können, daß man etwas Ordentliches zu Stande gebracht hat. Wie leid thut es mir doch oft, daß Ihr weder von mir noch von Robert etwas Ordentliches gehört habt! Ihr wißt beide nichts von der Anerkennung, die mein Mann von den Musikverständigen genießt, wie er nach und nach immer mehr Anerkennung auch bei’m Publikum findet, und überhaupt wißt Ihr nicht, wie bedeutend er als Componist dasteht! das sage ich aber nur Dir, liebe Mila, als meiner innigsten Freundin, die mir solche Aeußerung nicht übel deutet. Wir wollen uns aber (so Gott es will) in 20 Jahren einmal wieder sprechen, ob es da nicht anders sein wird. Es geht nun einmal so in der Welt – hat dies |4| doch Dein armer Vater Selbst so bitter oft empfunden! – Mir ging es doch auch immer recht eigen mit Euch, ich konnte mich Euch als Künstlerin nie so zeigen, wie ich gewünscht, es hat sich immer so gefügt, daß Ihr mich nie hörtet, wenn ich am besten spielte, und gerade seinen Freunden zeigt man sich doch auch gern so gut als möglich! –
Meine liebe, gute Emilie, ich habe recht geschwatzt, verzeihe das Untereinander! nicht wahr, Du schreibst mir auch bald einmal? von Elise hoffe ich auch auf Nachricht – ich kann Dir nicht sagen, wie sehr ich mich oft nach Euch sehne! –
So sey mir denn in alter Liebe umarmt, und sage Deiner ┌Mutter┐ recht viel Liebes von mir, Deiner
Clara.
Kistner in Leipzig habe ich Deinen Auftrag ausgerichtet.