23.01.2024

Briefe



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ID: 22012
Geschrieben am: Dienstag 26.08.1873
 

Baden-Baden d. 26 Aug 1873
Meine theuere Emilie
ich habe Dir so viel zu sagen, Tag für Tag seit Wochen hoffte ich schreiben zu können, kam aber nicht dazu, denn ich war sehr fleißig, und hatte dabei viel Besuch der mir die Nachmittage immer kostete. Wo soll ich nun anfangen? vor allem an Hedi meine herzlichsten Glückwünsche! ich hatte schon all die Zeit immer gedacht, der Zeitpunct sey wohl nun da! es geht ihr doch gut? Gieb an ihren Mann inliegende Carte. Wie gern hätte ich versucht Dich nach Bonn zu <geh[?]> ┌gehen zu┐ veranlassen, |2| ich wußte jedoch, Du würdest jetzt nicht fortgehen. Aber, wie leid es mir gethan, daß Ihr, meine ältesten Freundinnen, nicht dabei wart, brauche ich wohl kaum zu sagen. Es war ein herrliches Fest – und daß ich es noch erleben konnte und sogar noch in voller künstlerischer Krafft, das war für mich wahrhaft erhebend und beglückend. Wie vollendet wurden die Werke aufgeführt, welcher Enthusiasmus! vom ganzen enorm zahlreichen Publikum, welche Liebe wurde mir speciell entgegen getragen – das zu |3| erleben war doch ein fast nie dagewesenes Glück. Mündlich erzähle ich Euch davon; ich denke sehr daran zur Genovefa nach München zu kommen, hoffe aber vorher Dich noch zu sehen! sage mir vor allem, wenn Du zu mir kommst? ich wüßte es auch gern, weil ich noch <> daran denke doch vielleicht noch auf 14 Tage mit den Kindern in eine etwas hohe Luft zu gehen (Rigi nicht, dazu ist es zu kalt im Septbr – vor dem 10ten könnte ich nicht fort – ); es ist aber <noch> noch ganz unbestimmt – vielleicht, wenn es kühler wird, schwindet auch |4| dies Verlangen, und ich bleibe ruhig hier. Ich sage Dir nicht nochmals welche Freude mir Dein Besuch wäre – Du weißt es ja.
Alles zu erzählende spare ich mir auf bis wir uns sehen! der Sommer war recht schwer in vieler Hinsicht!
Das Herzlichste Euch Allen von
Deiner
alten
Clara.
Brahms hat mich eben einige Tage hier besucht – gestern Abend ist er wieder nach Tutzing, wo er den ganzen Sommer war.
Marmorito konnte nicht kommen, seine älteste Tochter war sehr krank an Gelenk-Rheumatismus. Erst vor 14 Tagen ist er zum ersten Male nach Passerano, seit sie es vor einem Jahr verließen.

  Absender: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
  Absendeort: Baden-Baden
  Empfänger: List, Emilie (962)
  Empfangsort: München
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 8
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit der Familie List und anderen Münchner Korrespondenten / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Ekaterina Smyka / Dohr / Erschienen: 2022
ISBN: 978-3-86846-019-3
553ff.

  Standort/Quelle:*) Slg. Cornides; Abschr. (gek.) in Copien-Mappe Marie Sch.
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 

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