23.01.2024

Briefe



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ID: 22209
Geschrieben am: Freitag 13.08.1886
 

Obersalzberg 13/8 86.
Lieber Freund!
Ich hätte Ihnen schon früher geschrieben, verschob es aber immer, weil ich mich nicht entschließen konnte. Es ist so schwer für mich, im Oktober nach Florenz zu kommen ┌die zweite Hälfte September hätte ich so gut gekonnt. ┐ der Schule halber, und nun frage ich bei Ihnen an, ob, wenn Sie doch im September die Büste des Großherzogs von Weimar machen, Sie nicht zur selben Zeit die meinige machen könnten? Ich würde dann dahin kommen, wo Sie sind.
Mann soll für einen refus nie zwei Gründe haben, in diesem |2| Falle aber ist der zweite Grund, der mich von Florenz abhalten würde, zu wichtig, um daß ich ihn nicht nennen sollte – die Cholera. Wir lesen, daß sie sich auch schon dort gezeigt. Wie leicht könnte es passiren, daß man von dort nicht ohne Quarantaine zurück könnte.
Ihr Bedenken wegen des Lokales zu der Arbeit muß doch wohl gehoben sein für die Arbeit der Herzogsbüste?
Bitte, bitte, antworten Sie mir doch recht bald hierauf; sagen Sie mir auch, ob die Gerüchte authentisch geworden sind, daß die Cholera in Florenz herrsche? Ich kann mir nicht recht denken, daß Sie in |3| diesem Falle mit Ihrer Familie dorthin zurückgehen würden. Im Falle, die Cholera verlöschte, und Sie könnten es in Deutschland durchaus nicht ermöglichen, so würde ich versuchen, die erste Woche Oktobers Ihnen in Florenz zu sitzen – hätten Sie mit dieser Zeit genug? Ich würde dann schon die letzte Woche Septembers hingehen, Sie und Fiedlers aber wohl noch nicht treffen? Das wäre wieder sehr bitter!
Das ist ein chaotischer Brief, verzeihen Sie es; Sie müssen es auf Rechnung meiner hin und her schwankenden Überlegungen setzen.
Die lieben Herzogenbergs haben so viel Besuch, daß wir sie vor dem |4| 20ten nicht sehen können, was mir recht arg ist. Sie werden wohl direkt von ihnen wissen.
Mit mir geht es eben nur leidlich und besonders schlimm sind für mich gerade lange Fahrten, was mir auch Sorge machen würde, entschlössen wir uns doch für Florenz.
Nun sage ich Ihnen und ihrer lieben Frau noch das Herzlichste und bitte Sie inständigst, bald zu antworten. Ich hoffe, diese Zeilen werden Ihnen, hätten Sie den Zuger See verlassen, sofort nachgeschickt. Wenn das Wetter so veränderlich bleibt, werden wir auch nicht lange hier bleiben.
In herzlicher Verehrung
Ihre
Clara Schumann.
Meine Töchter senden ihre herzlichsten Grüße.

  Absender: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
  Absendeort: Vordereck (Obersalzberg)
  Empfänger: Hildebrand, Adolf (2432)
  Empfangsort: Buonas am Zugersee
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 8
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit der Familie List und anderen Münchner Korrespondenten / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Ekaterina Smyka / Dohr / Erschienen: 2022
ISBN: 978-3-86846-019-3
1021f.

  Standort/Quelle:*) D-Mbs, s: Ana 550
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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