Berchtesgaden, d. 28. Aug. 1891.
Liebe, verehrte Frau von Holstein,
wie innig ergriffen hat mich Ihr lieber Brief, in welchem Alles, was Sie über unsere theure Freundin sagen, mir so ganz aus der Seele gesprochen ist. Ach, der Verlust ist groß! ich habe in ihr die älteste Freundin und die treueste Kunstgenossin verloren. Wie haben wir uns in Allem und Allem verstanden, wie stimmten unsere Anschauungen des Lebens und der Kunst überein! wie theilten wir die Begeisterung für das Hohe in der Kunst und den Abscheu gegen die Verwilderung der Neuzeit. Nun ist sie dahin und ich kann’s noch gar nicht fassen. Denken Sie, daß ich keine Ahnung von ihrer schweren Krankheit hatte bis kurz vor ihrem Tode!
Wie lieb ist Ihre Einladung! gewiß würde ich derselben, in freilich wehmüthiger Freude, folgen, wenn ich noch ’mal nach Leipzig käme! ich hatte keinen guten Sommer, und war die letzte Zeit seit den schlimmen Nachrichten besonders elend; konnte die Nächte nicht schlafen, immer der theuren Dulderin gedenkend! –
Dank, liebe verehrte Frau für Alles, auch Ihre Theilnahme an unserem Verluste, der sehr hart war! viel Schweres auf einmal! Ihre
Ihnen warm ergebene
Clara Schumann.
(zitiert nach: Litzmann III, S. 541f.)
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