23.01.2024

Briefe



Rückwärts
	
ID: 22420
Geschrieben am: Donnerstag 22.02.1855
 

Meine vielgeliebte Freundin,
Habe ich mich doch nicht vergebens so sehr gesehnt nach einem 2ten Brief Heute. Er kam um 4 Uhr, ich freilich später aus der Stunde!
<Aber> Morgen Abend darf ich wohl nicht hoffen, Einen vorzufinden? Aber schreiben kann ich Ihnen dann hoffentlich recht viel.
Bertha war überglücklich über ihren.
Aber auch ich!
Was Sie mir von der Lind schreiben hat mich nicht sehr gewundert.
|2| Ich denke ganz bestimmt daß Sie nicht in der Uebereilung an Härtels geschrieben haben, daß Sie überhaupt nicht denken es zu thun, sonst verbitte ich mir’s noch besonders – als Mann.
Ich schicke Ihnen eine Antwort an die theuren Herrn zur Durchsicht, soll ich sie ihnen schicken?
Zeigen Sie sie, bitte, Joachim u. fragen Sie ihn, ob ichs schicken kann.
Ich halte es für nothwendig, ihnen einige Zeilen zu schreiben (nur selbst.)
Was hatte ich doch für schöne Pläne mit den 12 Ldrs, (das Quartett kann ich doch auch nicht fortschicken) dacht ich doch schon Wochenlang darüber nach |3| welchem Freund ich sie schicken solle, u. ob die Damen wie immer den Vorzug haben oder ob ein Universitäts-Musik-Director es nöthiger braucht oder ein Concertmeister.
Wenn Ihnen etwas daran liegen sollte, so hüten Sie vor allen, daß ich nicht einmal plötzlich nach Hamburg durchgehe, oft denke ich ernstlich daran, wenn ich mich zu sehr über meine Verhältnisse ärgere. Aber wie hielt ichs denn noch aus ohne Sie Alle!
Es ist doch auch nicht die geringste Aussicht, daß ich noch irgend welche Stunde hier bekomme, Frl. Schönerstedt will eine wöchentlich nehmen, dafür ist aber der Engländerin ihr Sohn |4| erkrankt u. die Stunden ausgesetzt.
Wie solls werden!
Schreiben Sie u. Joachim mir doch ja Bestimmtes über meinen Brief an Härtels!!
Hauptsächlich habe ich ihn jetzt schon geschrieben, damit Sie was Drolliges zu lesen haben Morgen u. etwas Ernstes zugleich.
<An> Dietrichs uncollegialisches Benehmen finde ich unverzeihlich. Er müßte doch wählen können zwischen Verleger u. Freund. Ich kann mir recht denken, wie sie sich lustig gemacht haben über mich, u. das ärgert mich.
Verzeihen Sie, daß ich von nichts Anderem zu schreiben weiß, Morgen Abend hoffe ich Sie mehr erfreuen zu können.
In herzlicher Liebe
Ihr
Johannes.
Viele Grüße an Ihre Frau Mutter, Woldemar, Julie etc.

  Absender: Brahms, Johannes (246)
  Absendeort: Düsseldorf
  Empfänger: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
  Empfangsort: Berlin
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 3
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit Johannes Brahms und seinen Eltern / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Thomas Synofzik / Dohr / Erschienen: 2022
ISBN: 978-3-86846-014-8
303ff.

  Standort/Quelle:*) D-B: Mus.Nachl. K. Schumann 7,29
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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