23.01.2024

Briefe



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ID: 22469
Geschrieben am: Samstag 03.03.1855
 

Düsseldorf am Rhein
Im Jahre des Heils ..... 1855.
(Im Jahre des Unheils:) <Seit> der Geburt Friedr. Wilh. IV.... 61
Am Tage ... Kunigund.
Dem 3ten des 3ten Monats: März
Am Tage, da uns Abends Vollmond versprochen.
Geliebte Frau Clara,
Selten haben Sie mich so erfreut durch Ihren Brief, wie Heute. Vom Frühsten an denke ich so heftig an Sie, beim Kaffe mußte ich das Buch weglegen, weil Sie zu deutlich neben mir saßen. Wie haben Sie mich froh gemacht!
Gestern habe ich an Ihren Mann geschrieben; u Ihm Halsbinde u. Signale geschickt.
|2| Gestern sah ich vom Thurm der Academie den Rhein. Das jenseitige Ufer ist weit hinaus überschwemmt. In Ddf. sind die am Rh. liegenden Straßen auch unter Wasser, man fährt mit Kähnen. Im Theater kann nicht gespielt werden, dieweil das Parterre etc. überschwemmt ist. Wenn nun die Sänger in Kähnen u. Gondeln singen, küssen u. ermorden wollten u. die Zuhörer in Kähnen im Parterre herumfahren müßten, da ging ich hinein.
Da müßte der steinerne Gast in einem Kahn angefahren kommen u. statt Don Juan hinunterzuziehen müßte er ihn ins Wasser werfen.
|3| Gestern war ich wieder bei Frl. Leser, Frl. Schönerstedt spielte die cis moll Etüden u. ich a. d. Nachtstücken, Album etc.
Denken Sie <schl> diese Nacht schlief Ludwig in meinem Bett! Ich brachte ihn zu Bett u. zeigte ihm Ihr Bild, damit er gut träumen möge. Ich schlafe eigentlich nicht viel, meistens träume ich wachend, sehr früh wachte der Kleine auch u. da waren wir dann ganz lustig zusammen.
Es schwirren jetzt furchtbar viel Noten in meinem Kopf u. auch auf dem Papier herum, hätt’ ich nur mehr Ruhe! Aber es bleibt immer beim Anfangen, ich bringe nichts fertig. Mancherlei habe ich angefangen.
Machen Sie <Sich> doch nicht Sorge über mein „nach Hamburg reisen“; Ich habe immer ein Gefühl, |4| das mich treibt, Sie wissen, welches.
Doch höre ich nur ein Wort, daß es Ihnen unangenehm wäre, da kann ich’s nimmer weiter bringen.
Von den Jungen kann ich Ihnen nur das Beste schreiben, sie werden, wie mir scheint, immer muntrer u. kräftiger. Eine große Zuckertüte von Frl. Hartmann habe ich in Verwahrung u. <S>sie müssen sich jedes Stück schwer verdienen. Auch ringen müssen sie sich. Wer den Andern 3 mal unter kriegt, bekömmt was, da können sie denn 30 mal raufen, ehe es gelingt.
Zu nächsten Sonntag haben sich die beiden Mädchen bei uns zu Tisch eingeladen. Hauptsächlich des Kartoffelsalats wegen, den sie lange entbehrt haben!
|5| Von England ist wieder ein Brief gekommen. Ach, wenn doch die unglückselige Reise nicht wäre, wenn ich denke was Sie jetzt schon leiden, wie wollen Sie das aushalten!
Ich kann Ihnen kein stärkendes, ermunterndes Wort sagen, nur abrathen –. Aber Sie müssen Sich’s ja bedenken ob Sie nicht Frl. Bertha mitnehmen wollen, wenn ich hier wohnen bliebe, ginge das eigentlich ganz gut. Wir müssen das ja besprechen.
Wird Joachim denn seine Variationen einmal öffentlich spielen, in einer kleineren Soiree? Schicken Sie mir dann doch ja das Programm!
Ich habe Ihnen nichts mehr, eigentlich hatte ich auch gar nichts zu schreiben |6| als tausend Grüße für Sie u. Joachim u. ebenso viel Dank für jeden Brief.
Von Frl. Bertha soll ich Ihnen auch den zärtlichsten Gruß sagen – ja, ich unterstehe mich gar, einen ganz leisen Kuß auf Ihre schöne Hand zu hauchen!
Seien Sie denn schönstens gegrüßt
von Ihrem
Johannes.
Es freut mich, daß Sie mein Raisonnement über die Ärzte u. ihr Verfahren vernünftig finden; Es hat für mich etwas sehr Beruhigendes, auch für Sie?
Man sieht, wie gut Er Alles verträgt u. kann immer sichrer u. bälder hoffen.
Gott wend’ es bald zum Besten!

  Absender: Brahms, Johannes (246)
  Absendeort: Düsseldorf
  Empfänger: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
Empfangsort: Danzig

  Standort/Quelle:*) D-B: Mus.Nachl. K. Schumann 7,32
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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