23.01.2024

Briefe



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ID: 22538
Geschrieben am: Samstag 23.06.1855
 

Sonnabend d. 23ten Juni 55. Morgens.
Meine herzliebe Clara,
Heute früh empfingen mich Ihre 2 letzten Briefe als ich herunter kam. Der Eine mit dem Strauß, wie Seide sehn die Halme aus.
Sie sehn wohl, auch ich muß bisweilen, so Gestern, den ganzen Tag mich vergebens nach einem Brief sehnen aber dafür kommen dann 2, das habe ich gar zu gern.
Die Post-Einrichtung will ich mir bemerken.
|2| Diesmal haben Sie ganz vollkommen Recht, wenn Sie ganz entrüstet über das scheußliche Wetter sind, auch ich bin’s in seltnem Grade. Ich habe die eiskalte naße Luft so überdrüßig, daß ich jetzt schon oft aufgesprungen bin um mich zu vergewissern daß alle Fenster zu, das thue ich nicht oft.
Meine Geliebte, Sie sollen sehen, sind Sie erst wieder da, da scheint die Sonne wieder, der Sommer kommt auf’s Schönste wieder, <E>er hat Sie nur ┌aus den Augen┐ verloren in dem kleinen Fürsten-┌thum┐ |3| deshalb trauert er. <>
Nachmittags besuchen Sie uns nur immer beim Erard od. an J.s Klavier. Abends in der Bockhalle, wenn Ihnen die Luft im Garten nicht zu feucht, die im Zimmer nicht zu dick ist.
Der Morgen ist mir das liebste, da schreibe ich Ihnen, lese Ihre Briefe u. spiele auch. Gestern war Joachim’s Bruder da (von Mittag bis Abend.)
Am Abend waren wir bei Frl. Leser. Allgeyer, Dietrich die beiden Joachimme, ich u. die 4 Grazien.
|4| Wir spielten Haydnsche Sonaten ich denke dann sehr an Sie u. wie Sie Sich darüber freuen werden, wenn sie Ihnen noch unbekannt sind.
Erinnern Sie ein Trio mit ungrischem Rondo in G? Das macht uns immer ganz wild.
Dann spielte ich die G dur Fantasie v. Schubert, Tänze von Schumann u. Schubert u. Fuge v. Bach.
Bei Tisch wars mir immer recht wehmüthig, grade weils so laut war außen u. Alle so lustig.
Ferdinand zeigte mir Heute früh den Namen Bertha, den er nachgekritzelt.
Heute u. Gestern haben die Jungen sich an Braunschweiger Kuchen erlabt. Ich küsse sie immer als von Ihnen aber ich möchte Ihnen die Küsse auch wieder geben!
Ob ich nach Mehlem gehe ist doch noch unbestimmt, wollen Sie nur immer hierher schreiben? Recht in aller Lieber [sic] grüße ich Sie
Ihr Johannes.

  Absender: Brahms, Johannes (246)
  Absendeort: Düsseldorf
  Empfänger: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
Empfangsort: Detmold
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 3
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit Johannes Brahms und seinen Eltern / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Thomas Synofzik / Dohr / Erschienen: 2022
ISBN: 978-3-86846-014-8
360f.

  Standort/Quelle:*) D-B: Mus. Nachl. K. Schumann 7,45
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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