23.01.2024

Briefe



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ID: 22547
Geschrieben am: Montag 06.08.1860
 

Montag Früh
Ich werde vermuthlich Donnerstag od. Freitag nach Hamburg gehen, liebe Clara. Viel besinne ich mich ob über Kreuznach aber es verlangt mich wohl zu sehr zur Ruhe zu kommen.
Ich habe mancherlei vor da ich den Winter doch ruhig in Hbg. zubringen werde. Auch außer Musik, z. B. auch das Turnen, Lateinisch u. Französisch wieder treiben.
Du bist wohl so gut mir die Harfenlieder gleich hierher zu schicken.
Ist Dir noch was Besondres daran aufgefallen?
Hier wird’s immer lebendiger.
|2| David ist auf 14 Tage hier, er will seine Frau dann mit zurück nehmen.
Er schreibt eine Violin-Schule u. wir haben schon 25 große Etüden daraus genossen.
Gestern waren wir zusammen (auch Bargiel) nach Rolandseck.
Du hättest Gestern Concert mit Stockhausen gegeben erzählte Bargiel? Ist es gut ausgefallen?
Joachim u. ich haben die Messe u. das Requiem Deines Roberts wiederholt durchgesehen.
Was mich nun angeht so meine ich Du gibst sie heraus wenn Du einen Verleger dafür hast.
|3| Ich kann mir nur die Gründe für u. wieder vorlegen. Da bleibt doch immer die Hauptsache: Die Werke sind der Art daß es zu große Arroganz wäre durch m. Urtheil u. m. Rath die Herausgabe zu verhindern.
Sie sind nicht aus der letzten Zeit u. von Sch. selbst zu Druck bestimmt u. vollständig vorbereitet, wer hat das Recht da hinein zu reden?
Aber wieder ist es zu entschuldigen u. nimmer übel zu deuten wenn man bei einem so geliebten u. verehrten Mann gern sorgte, wenn auch zu unbescheiden, der <S> Unsterblichkeitskranz, den er sich selbst |4| gewunden, möge aus lauter unverwelklichen Blüthen bestehen.
Aber Menschenwerk ist was wir thun. Die Welt will auch die Schwächen der Größeren sehn u. deckt sie doch früher od. später auf.
Schreibe mir doch darüber. Jul. Schubert will die Werke haben, nicht wahr?
Von Härtels habe ich noch nichts gehört.
Ich habe mit Joachims Wirthin gesprochen. Die will aber überhaupt nicht gern Damen (lieber junge Herren) bei sich haben, für einen |5| Monat gar nicht u. an Küche in keiner Weise zu denken.
Joachim will auch bald fort, wahrsch. einstw. nach Göttingen.
Ich freue mich auf’s erste philh. Concert. Hoffentlich kommst Du dazu nach Hbg. u. nicht zu kurze Zeit.
Wie lange bleibst Du noch in Kreuznach?
Apropos, schicke mir doch die 2te Kreuznacher Rechnung u. schreibe mir wenn Du’s weißt wie viel die erste betrug. Ich habe sie verloren u. möchte doch von Joachim seinen Theil zurück.
Ich bezahlte sie doch damals ganz?
Ist denn Frl. Wagner u. Garbe |6| auch da?
Grüße Alle.
Joachim ist Heute nach Düsseldorf. Mein Bruder ist jetzt auf dem Weg nach Heidelberg.
Lebe recht wohl u. sei herzlichst gegrüßt.
Johannes.
Frl. Wagner könnte mir auch die Lieder mit nach Hbg. bringen!

  Absender: Brahms, Johannes (246)
Absendeort: Bonn
  Empfänger: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
Empfangsort: Kreuznach
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 3
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit Johannes Brahms und seinen Eltern / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Thomas Synofzik / Dohr / Erschienen: 2022
ISBN: 978-3-86846-014-8
709-712

  Standort/Quelle:*) GB-Ob: MS. M. Deneke Mendelssohn c.1: fols. 20r-22v; Abschrift D-B: Mus. Nachl. K. Schumann 7, 122
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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