23.01.2024

Briefe



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ID: 22598
Geschrieben am: Samstag 24.05.1856
 

D. 24ten Mai Abds.
Geliebte Clara,
Ich hatte Ihnen den Nachmittag einen Brief geschrieben, jetzt kommt ein so lieber langer Brief von Ihnen daß es doch nur geringes <Dankbar>Zeichen des Dankes ist wenn ich den Geschriebenen zu schlecht finde u. noch einmal anfange.
Ich bin doch noch eben so sehr, nach dem heut. Brief eigentlich noch mehr der Meinung, Sie sollten zurückkommen wenns nicht mehr geht. Sie werden anderes Jahr eben so gut wieder aufgefordert, wenn Sie jetzt auch Ihre Versprechungen nicht halten.
|2| Es weiß es doch Jeder, daß eben Ihre Gesundheit Sie nur veranlaßte.
Ich dachte – wie oft daran zu Ihnen zu gehen. Aber ich fürchtete das Unpassende. Es kommt ja Alles in die Zeitungen. Da ich auch eben Ihre frühere Abreise von Engl. nicht für so folgereich halte wie Sie jetzt, so <fand ich es> konnte ich mich um so weniger entschließen. Ich finde ganz entschieden Sie können ruhig Ihrer angegriffenen Gesundheit wegen Alles absagen u. im nächsten Jahr wird man Sie eben so freundlich empfangen.
Wie <käme> gern käme ich! Aber geht das? Wenn Bargiel hinginge da könnten die Leute nichts sagen aber es ist doch zu auffallend wenn ich ohne was zu thun zu haben hinkomme.
|3| Ich habe schon daran gedacht daß ich wohl bis zum nächsten Jahr ein passabler Orgel-Virtuos sein könnte, dann reisten wir zusammen u. ich hinge das Clavierspiel an den Nagel um immer mit Dir zusammenreisen zu können.
Merkwürdig, ich bin doch gar kein sensitiver Mensch, gänzlich Nerven- u. Sympathielos, u. Heute trieb mich’s so sehr u. immerfort Ihnen über Testamente zu schreiben, woran ich übrigens überhaupt oft denke.
Ich wollte immer meines machen, <d>meine göttliche Faulheit verhindert’s u. wenn ich noch so ernst gestimmt bin.
Von Ihnen ist das sehr recht daß Sie für alle Fälle gesorgt haben, aber um Gotteswillen thun Sie so etwas nur ja immer |4| mit so wenig Aufregung wie möglich; eben aller möglichen Fälle wegen aber ohne besonders an Schlimme zu denken oder gar ängstlich zu denken. Wie man sich an Treppen-Geländer ┌lehnt┐ um sicher zu gehen aber ohne furchtsam ans Fallen zu denken.
Ich möchte, Sie legten einen Zettel auf meine Briefe, daß Sie nächst Ihnen nur u. gleich mir gehören, wie ich es immer mit den Ihren machen wollte u. auch werde.
Aber ich denke immer, Sie sehen ein daß Sie bälder kommen können. Sie müßen. Es ist doch auch jedenfalls besser, Sie müßen Sich nächstes Jahr erst wieder etwas Achtung erwerben als Sie können vielleicht überhaupt ┌gar┐ nicht die Achtung der Engländer gebrauchen, weil Sie krank sind.
|5| „Ich will doch m. neuliche Ueberrumpelung nicht gleich wahrnehmen.“
Die mit dem „Du“ mündlich. Ich dachte ich wollte doch nicht Deine augenblickliche Güte u. Liebe benutzen, es möchte Dir später nicht recht sein, deshalb schreibe ich auch noch immer per Sie.
Diese Belagerung u. Eroberungs-Geschichte hat denn auch wohl Zusammenhang mit der unbeantworteten Frage? Oder nicht?
Das Glas habe ich leider noch nicht. Ich freue mich darauf u. warte sehnlich.
Die Orgeln in den Concertsälen sind sehr praktisch für uns vielleicht in nächstem Jahre aber überhaupt schön.
|6| Daß Sie bisweilen Blätter zerreißen ärgert mich sehr, denn ich bekäme gern mehr u. immer mehr wenn auch traurige. Ich erwarte doch keine lustigen.
In den Koffer für Stockhausen lege ich noch ein liebes Notenbuch, aus dem Sie oft des Abends spielen müßen, besonders m. Lieblinge.
Ich möchte Sie hefteten mir Ihre Briefe immer so hübsch, u. ich möchte es wäre auch immer nöthig.
Die Änderung m. Fuge schicke ich hauptsächlich des hübschen Papiers wegen. (von Joachim.)
Aber es ist gräßlich, so klein schreiben zu müßen.
Tausend Grüße, liebe Clara. Habe mich recht lieb, wie ich Dich.
Dein Johannes.

  Absender: Brahms, Johannes (246)
Absendeort: Düsseldorf
  Empfänger: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
Empfangsort: London
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 3
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit Johannes Brahms und seinen Eltern / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Thomas Synofzik / Dohr / Erschienen: 2022
ISBN: 978-3-86846-014-8
492ff.

  Standort/Quelle:*) D-B: Mus. Nachl. K. Schumann 7,88
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 

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