23.01.2024

Briefe



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ID: 22613
Geschrieben am: Freitag 05.12.1856
 

Freitag Mittag 4/12 56.
Wieder kam Dein lieber Brief mit einem von Joachim, meine Clara.
Er schickte mir den Concertsatz mit viel schönen Bleistift-Notizen. Der Brief ist nur kurz sonst schickte ich ihn
Dein Brief hatte wieder ein rothes Bändchen im Knopfloch, folglich sah ich ihn schon mit Respect an. Und meine Ehrerbietung stieg, er verdient seine Ordensschleife.
(Joachims Brief behalte nur).
Deine Betrachtungen über den Werth den ich Deinem u. J’s Beifall gebe sind dilettantisch! Welche Freude mir |2| es ist wenn meine Sachen Freunden gefallen weißt Du u. auch von wem ichs am liebsten höre.
Denke ich dann aber über den Werth der Sache nach da ist <mir> es natürlich etwas anders. Da möchte ich, Jemand der es unfreundlich ansieht müßte hernach freundlich sehn.
Joachim philosophirt u. denkt viel nach über Musik u. was ihr frommt u. weil ich seine Gedanken herrlich finde so ist es mir immer sehr ermunternd stimmen meine Sachen damit.
Es ist das wie verschiedene Instanzen bei Gerichte, die höchste aber ist mir wenn Dein liebevolles Gemüth „Ja“ sagt.
|3| Ueber den Schluß des Quartetts schreibst Du schön mir zu Sinnen.
Concis nennt man eine gedrängte präcise Form.
Scarlatti liebe ich nicht ausnehmend, das macht aber die Gleichheit seiner Sachen (in Form u. Character) einzelne Stücke spiele ich gern. Ich habe grade einen guten Band. Und dann denke den Unterschied, die Czernysche Ausgabe oder diese alte herrliche besitzen!!
Deine Worte ┌über junge Leute┐ erinnern mich sehr an Ottens Knaben. Er klagt heftig daß niemand von ihnen studieren will. Sogar das <kommt> schreibe ich dem zu daß <die> den Knaben nichts zu wünschen gelassen wird.
Sie haben alle Spiele, alle Bücher, |4| alle großen Bilderwerke im Haus haben sie gesehen, so daß ich neulich mit dem Kleinen durchaus kein Weihnachtgeschenk ausdenken konnte.
Sogar sein blasses Aussehen (trotzdem er viel Bewegung hat) schreibe ich dem Ueberladetsein zu.
Kämest Du <Dienstag>Montag wärs freilich herrlich aber ich will nicht zureden.
Du wirst schon wegreisen wann es irgend geht.
Das wird mich auch von Tag zu Tag halten.
Gestern Abend musicirte ich viel bei Avé. Meine As moll Fuge gefällt Allen außerordentlich. Sonntag versuche ich es einmal wieder auf der Orgel.
Lebe herzlich wohl u. küsse mich, Deinen Johannes.

  Absender: Brahms, Johannes (246)
Absendeort: Hamburg
  Empfänger: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
Empfangsort: Kopenhagen
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 3
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit Johannes Brahms und seinen Eltern / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Thomas Synofzik / Dohr / Erschienen: 2022
ISBN: 978-3-86846-014-8
513f.

  Standort/Quelle:*) D-B: Mus. Nachl. K. Schumann 7,93
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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