23.01.2024

Briefe



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ID: 22641
Geschrieben am: Dienstag 09.02.1858
 

Dienstag früh.
Herzliebe Clara,
Gestern kam Dein lieber Brief aus Genf der mich ordentlich warm gemacht hat. Wie viel schöne Sachen schreibst Du mir u. wie lieb u. schön.
Den Lewes will ich mit Dir lesen bis jetzt kenne ich ihn nicht hörte aber viel u. das Beste über ihn. Daß ich Dir dabei bisweilen einfalle macht mich schamroth, es ist nur Dein eignes Schönes was Dich Andre so schön sehen läßt.
Wie erfreut es mich daß Du so schöne Reisen machst u. das gute Wetter u. |2| Dein frischer Sinn es Dich genießen lassen. Solche Intermezzi müssen mich ja auch eigentlich erfreuen! Die leiten das schöne Finale ein.
Ich schrieb Dir mehrere Briefe (2 od. 3) nach Genf. Einen p. r. nach Lausanne.
Es gehört leider eben so viel Geschicklichkeit wie Herz dazu eine schöne Biographie zu schreiben deshalb wird auch wohl Joachim es nicht können, von meiner Compagnieschaft kann gar nicht Rede sein. J. hat mir jetzt geschrieben, den ersten Satz habe ich bereits zum Abschreiber gebracht. In etwa 14 Tagen |3| soll Alles fertig sein.
Es wird wahrsch. daß ich es bei Otten spiele. Gestern war ich Abds. bei ihm es war s. Geburtstag. Morgens früh war ihm von circa 30–40 Herrn u. Damen ein Ständchen gebracht. Bei dieser Kälte früh Morgens! Das ist ein gefunden Freßen für s. Eitelkeit. Morgen ist die Privat-Auff. in der ich die Fantasie mit Chor spiele. Da ich nicht Solo spielen will so spiele ich wohl ein Duett mit Böie.
Im philh. Concert ging die B Dur Sinfonie natürlich mittelmäßig, aber Singer u. Jaell verübten mit der Gesangscene u. dem a moll-Concert eine namenlose Schweinerei!
|4| Den Sonntag Ab. bei Avé verdarben sie uns auch noch. Daß wir sie ziemlich sehr ablaufen lassen kannst Du Dir denken.
Die Händel-Gesellschaft ist ebenso zusammengekommen u. eingerichtet wie die Bach-Gesellschaft, nur ist ihr das Leben blos auf 1 Jahr gesichert, das Uebrige hängt vom Erfolg ab. Uebrigens soll auch die Bach-Ges. immer mehr Abonnenten verlieren!
Die Hauenstein-Fahrt war ja aber schrecklich Du hättest mir gern Dein Zittern beschreiben können ich hätte auch gezittert, u. wie!
|5| Für die Kisten will ich doch sorgen.
Die Ristori habe ich leider nicht wiedergesehen es traf immer einen ungünstigen Ab. Gestern z. B. d. zum phil. Concerte.
Nun lebe wohl liebe Clara, bald schreibst Du mir wohl einen bestimmten Tag auf den ich mich so lange freue u. den ich herbeisehne?
Alle grüßen Dich am meisten
Johannes.
Dein Enthusiast u. so Deiner Herrlichkeit voll.

  Absender: Brahms, Johannes (246)
Absendeort: Hamburg
  Empfänger: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
Empfangsort: Genf
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 3
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit Johannes Brahms und seinen Eltern / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Thomas Synofzik / Dohr / Erschienen: 2022
ISBN: 978-3-86846-014-8
547ff.

  Standort/Quelle:*) D-B: Mus. Nachl. K. Schumann 7,100
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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