23.01.2024

Briefe



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ID: 22682
Geschrieben am: Dienstag 24.04.1877
 

April 77.
Liebe Clara,
Wenn dieser Brief auch wider Gewohnheit lang werden sollte, verlangt er doch blos eine Viertelstunde von Dir! Nächster Tage aber kommt einer der gern hätte daß Du ihm ein paar gemüthliche Stunden widmen könntest!
Ich möchte nämlich neue Lieder herausgeben u. hätte gar zu gern daß Du sie vorher einmal durchspieltest u. mir ein Wort sagtest. Am liebsten säße ich freilich bei Dir – aber nach Düsseldorf konnte ich doch nicht u. Berlin hat auch sein so – so.
|2| Simrock wartet aber mit Schmerzen! Im Nothfall – wenn Du nicht gleich so viel Süßigkeiten genießen kannst – gieb ihm ein Opus nach dem andern!
Die Lieder sind numerirt.
Also op. 69 von 1–9 u wenn er artig ist, kriegt er Morgen op. 70. Mir aber schreibe ob Dir was davon gefällt – u. ob Dir andres vielleicht sehr mißfällt.
Namentlich Letzteres, vielleicht horchte ich u. dankte Dir!
X<Aber finde nicht gleich etwas zu roh, lies ein Gedicht auch 2 mal wenn’s Dir nicht gefällt, z. B. den Mädchenfluch! der Dich vielleicht erschreckt. Verzeih!>X ich fürchte mich blos vor Schelte!
Nach besagten Süßigkeiten |3| kannst Du Dich restauriren mit einer Etüde die beiliegt. Ich finde sie sehr lustig zu üben, auch schwer!?
Dann bitte doch Simrock, er möge mir kein Geld schicken. Ich möchte Dich nämlich fragen ob Du mir wohl das Geld in der dortigen National-(oder was?)Bank anlegen möchtest? Auch das Geld was ich bei Levis Bruder in Mannheim habe, möchte ich doch gern dort ┌in Berlin┐ lassen. Fändest Du das nicht besser?
Ich schreibe Dir Heute nicht was ich für die Lieder (u. für die Symphonie) bekomme. Es stimmt zu schlecht mit ihrem Werth u. muß nothwendig ein ungünstiges Vorurtheil geben. Aber rathe einmal!
|4| Daß Felix nach Zürich geht freut mich einstweilen sehr. Ich denke nämlich auch stark daran, ┌u. an┐<m.> dortiges Logis in Rüschlikon. Da kämst Du doch wohl auch? Eigentlich giebt’s in der Gegend viel reizende Wohnungen, z. B. Bocken bei Horgen (am See) etc. Und dann einige schöne Herbstwochen in Baden!
Aber ich muß fort. Hoffentlich scheint der morgige Brief nicht gar zu trostlos! Schreib mir wo möglich ein kurzes Wort zu jedem. Du kannst nur opus u. Zahl angeben.
op. X V Schlecht
VI Schändlich
VII Lächerlich u. s. w.
Schönste Grüße!
Dein Johannes

  Absender: Brahms, Johannes (246)
  Absendeort: Wien
  Empfänger: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
Empfangsort: Berlin
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 3
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit Johannes Brahms und seinen Eltern / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Thomas Synofzik / Dohr / Erschienen: 2022
ISBN: 978-3-86846-014-8
1357-1360

  Standort/Quelle:*) D-B, s: Mus.Nachl. Schumann, K. 7,155
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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